Bereits eine schlaflose Nacht wirkt sich auf die Leistung, Stimmung und Energie am nächsten Tag aus; mehrere Nächte mit zu wenig oder schlechtem Schlaf beeinträchtigen das Wohlbefinden erheblich: Das zeigen Ergebnisse einer
Studie, die in der Fachzeitschrift «Annals of Behavioral Medicine» erschienen ist.
Untersucht wurden die Folgen von weniger als sechs Stunden Schlaf in acht aufeinanderfolgenden Nächten auf das affektive und körperliche Wohlbefinden. Unter den 1’958 Probanden wiesen 42 Prozent mindestens eine Nacht mit Schlafverlust auf, das heisst sie schliefen eineinhalb Stunden weniger als ihre typische Routine. Die Probanden notierten ihre Beobachtungen an acht aufeinanderfolgenden Tagen in einem Tagebuch.
Diese negativen Gefühle und Symptome zeigten die Probanden
Aufgrund des Schlafmangels seien sie etwa deutlich wütender, reizbarer, frustrierter gewesen und hätten sich häufiger nervös sowie einsam gefühlt, so die Probanden, die auch von Atemproblemen und Magen-Darm-Störungen berichteten.
Die negativen Gefühle und Symptome waren an aufeinanderfolgenden Tagen mit Schlafverlust kontinuierlich vorhanden und besserten sich nur dann, wenn die Teilnehmer in einer Nacht mehr als sechs Stunden geschlafen hatten. Sechs Stunden Schlaf sei denn auch die minimale Schlafdauer, die laut Experten für eine optimale Gesundheit eines Erwachsenen notwendig sei, steht in einem Artikel der Online-Plattform «Medscape», die über die Studie berichtete.
Schlafmangel kann in direktem Zusammenhang etwa mit Fettleibigkeit, Insulinresistenz, Diabetes oder Alzheimer stehen. Zu wenig Schlaf wirkt sich auch negativ auf das Immunsystem aus. Aric Prather, Schlafexperte an der University of California in San Francisco, kam in einer Studie, bei der die Probanden ein infektionsfähiges Erkältungsvirus verabreicht bekamen und dann der Schleim und die Stauung bei den Infizierten gemessen wurden, zu folgendem Ergebnis: Je weniger Menschen genug schlafen, desto wahrscheinlicher ist es, krank zu werden. Derzeit untersucht der Schlafexperte, wie sich Schlafmangel auf die Schutzwirkung der Covid-19-Impfung auswirkt.
Schlaf während des Lockdowns: länger, aber schlechter
Wie hat sich der Schlaf während des Covid-19-Lockdowns verändert? Dieser Frage ging die Universität Basel zusammen mit den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel in einer sechswöchigen Online-Umfrage zwischen dem 23. März und dem 26. April 2020 nach.
Unter der Leitung von Christine Blume vom Zentrum für Chronobiologie der Psychiatrischen Klinik der Universität Basel wurden 435 Personen in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland befragt. Über 85 Prozent der Befragten (75 Prozent waren weiblich) arbeiteten zu dieser Zeit im Heimbüro.
Bis zu 50 Minuten mehr Schlaf
Die Befragten berichteten zwar während des Lockdowns länger geschlafen zu haben, die Qualität des Schlafes hatte sich jedoch verschlechtert. Letztere Beobachtung führt das Forschungsteam auf die zuvor nie dagewesene Situation und die damit einhergehende Unsicherheit und Belastung zurück.
Die Umfrage zeigt aber auch, dass die Lockerung sozialer Rhythmen – etwa durch flexiblere Arbeitszeiten – dazu führte, dass sich der «soziale Jetlag» reduzierte. 75 Prozent der Befragten gaben zudem an, sie hätten bis zu 50 Minuten länger geschlafen als vor dem Lockdown. Das erstaunt nicht, führte die Heimbüro-Pflicht doch dazu, dass das Pendeln für die meisten wegfiel. Die Ergebnisse der Umfrage finden Sie
hier.
Rositsa Neumann ist Fachärztin für Neurologie und Schlafmedizin am Zentrum für Schlafmedizin Hirslanden. (zvg)
Tipps für einen guten Schlaf
«Viele Insomnie-Patienten machen den Fehler, dass sie zu lang im Bett liegen, da sie glauben, sie könnten sich so besser erholen», sagt Rositsa Neumann, Fachärztin für Neurologie und Schlafmedizin am Zentrum für Schlafmedizin Hirslanden. Doch wenn man länger liege, als eigentlich nötig wäre, entstünden noch mehr Wachphasen. «Diese führen wiederum zu Unruhe und dann schläft man noch schlechter.» Zudem senke man so den Schlafdruck für die nächste Nacht und man schlafe erneut schlecht.
Was hilft bei Ein- und Durchschlafstörungen? Neumann empfiehlt in einem ersten Schritt folgende schlafhygienische und verhaltenstherapeutische Massnahmen:
> Gestalten Sie den Abend aktiv. Sorgen Sie dafür, dass Sie nicht zu früh einschlafen und somit bereits den Schlafdruck senken; legen Sie sich nicht zu früh hin.
> Gehen Sie erst zu Bett, wenn Sie sich schläfrig fühlen und nicht, weil es Zeit zum Schlafen ist.
> Schalten Sie elektronische Geräte mindestens eine Stunde vor dem Zubettgehen aus.
> Wenn Sie nicht einschlafen können und nervös sind, stehen Sie auf und finden eine ruhige Beschäftigung. Lesen Sie ein Buch, lösen Sie ein Sudoku oder ein Kreuzworträtsel – ständiges Gedankenkreisen und Grübeln können so oft unterbrochen werden.
> Machen Sie Atem- und Entspannungsübungen (z.B. progressive Muskelrelaxation, autogenes Training, assistierte Meditation). Auch Naturgeräusche (z.B. Meeresrauschen) können beim Einschlafen helfen.
> Schauen Sie nicht, wie spät es ist, denn dies führt nur zu unnötigem Stress.
> Schlafen Sie nicht aus, reduzieren Sie die Bettliegezeit. So entsteht ein leichter Schlafmangel und die Wachphasen fallen langsam weg (Schlafrestriktion). Halten Sie sich mindestens ein paar Wochen konsequent daran, bevor Sie dann gegebenenfalls die Liegezeit langsam wieder verlängern.
> Achten Sie darauf, morgens zur gleichen Zeit aufzustehen – unabhängig von der Bettgehzeit und der Schlafqualität.
> Powernaps sind erlaubt, 15 bis 20 Minuten ein- bis zweimal pro Tag. Stellen Sie vorher den Wecker/Timer. Gerade bei einer Schlafrestriktion sind solche kurzen Pausen wichtig.