Wenig Verständnis für Franchisen-Rodung

Nicht nur die Betroffenen schütteln den Kopf: Offenbar stellt sich insgesamt eine Bevölkerungs-Mehrheit gegen die geplante Abschaffung von Franchise-Stufen.

, 2. Oktober 2015 um 07:50
image
Es war wohl das gesundheitspolitische Thema des letzten Monats: Der Bundesrat will die Zahl der Franchisestufen senken und bei höheren Rabattstufen auch Kürzungen vornehmen. Für die einen ist dies eine Entschlackung und auch eine gewisse Förderung der Solidarität – andere wiederum wittern hierin einen Schlag gegen die Selbstverantwortung. 
Und was meinen die Versicherten? Santésuisse liefert nun eine Antwort. Der Krankenkassenverband hat in einer repräsentativen Umfrage eruiert, dass 75 Prozent der Versicherten mit den Franchisestufen 1’000 und 2’000 Franken deren Abschaffung ablehnen.
Noch heftiger schütteln die Betroffenen den Kopf, wenn es um die Kürzung der Rabatte für die Franchisestufen von 2’500 und 1’500 Franken geht: Von den Befragten mit diesen Franchisestufen lehnen 78 Prozent diese Ideen ab. 

Auch bei der Gesamtheit

In der von Demoscope im letzten Monat durchgeführten repräsentativen Umfrage wandte sich auch die Gesamtheit der Befragten gegen die Rodungspläne aus dem Bundesamt für Gesundheit: 29 Prozent befürworten die Abschaffung der zwei Franchisestufen – 51 Prozent sind dagegen. Derweil waren 20 Prozent unschlüssig waren oder gaben keine Antwort.
Fast identisch waren die Zahlen bei der Rabattkürzung im Bereich 2’500 / 1’500 Franken: Von allen Befragten befürworten 29 Prozent die Rabattreduktion. 51 Prozent sind dagegen, 15 Prozent sind unschlüssig oder gaben keine Antwort
«Versicherte wollen keinen Abbau der Franchisestufen und keine Rabattkürzungen»: Zur Mitteilung von Santésuisse
Das BAG will die Zahl der Franchisen senken und dabei die höchste Franchisestufe abschaffen. Die Idee hier: Da junge und fitte Menschen die hohe Wahlfranchise kühl zum Prämiensparen einsetzen, gibt es bei den Kassen faktisch gar nicht so viele Einsparungen durch die vermeintliche Risiko-Übernahme.
Anders gesagt: Die Solidarität in der Krankenversicherung wird hier teilweise ausgehebelt.
Auf der anderen Seite haben Versicherte weniger Wahlfreiheit. Wie Santésuisse errechnet hat, sind von der Streichung der beiden Franchisestufen 1’000 und 2’000 Franken etwa 590’000 Erwachsene betroffen.
Bei den Kindern sollen nur noch die Wahlfranchisen von 400 und 600 Franken beibehalten werden. Von der Streichung von vier der aktuell sechs Franchisestufen wären 66’600 Kinder betroffen.
Zur Umfrage. Im Auftrag von Santésuisse befragte das Meinungsforschungs-Institut Demoscope vom 7. bis 23. September 2015 im Rahmen zweier telefonischer Befragungen insgesamt 2’006 Personen aus der Wohnbevölkerung der Deutschschweiz und der Westschweiz ab 15 Jahren. Zur Sicherstellung der Repräsentativität wurden zufällig ausgewählte Privathaushalte kontaktiert und nach einer kombinierten Alters-/Geschlechtsquote befragt. Der Messfehler beträgt +/-2.3 Prozent
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Die fünf Vorschläge der «Handelszeitung»

Schluss mit dem Medikamentensonderfall und vier weitere Vorschläge zur Prämienreduktion.

image

HTA: Kein Handlungsbedarf

Der Ständerat sieht keinen Anlass, die HTA-Verfahren zu vereinfach und transparenter zu machen. Eine entsprechende Motion lehnt er ab.

image

Gehören Dolmetschdienste in den Leistungskatalog?

Der Ständerat will, dass Dolmetschdienste im Gesundheitswesen über die obligatorische Grundversicherung abgerechnet werden können.

image

Krankenkassenprämien erreichen neue Höchststände

Die Krankenversicherungsprämien werden auch im Jahr 2024 die Haushalte stark belasten. Der hohe Prämienanstieg ist auf eine Vielzahl von Faktoren zurückzuführen.

image

So beeinflusst Diskriminierung in der Kindheit das Adipositas-Risiko

Eine neue Studie zeigt: Diskriminierung in der Kindheit kann ein möglicher Auslöser für Fettleibigkeit sein.

image

«Die Fehlanreize müssen weg»

«Es ist Zeit, das Gesundheitssystem neu auszurichten und den Patientennutzen zur Messgrösse zu machen», findet FDP-Ständerat Damian Müller in einem Gastbeitrag.

Vom gleichen Autor

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.

image

Wer will bei den Helios-Kliniken einsteigen?

Der deutsche Healthcare-Konzern Fresenius sucht offenbar Interessenten für den Privatspital-Riesen Helios.