Der wundersame Rückgang der Mortalitätsrate

In US-Spitälern sterben weniger Menschen, wenn unangemeldete Inspektionen durchgeführt werden. Zu diesem überraschenden Ergebnis kommt eine Studie der Harvard University.

, 21. März 2017 um 09:22
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Die Patienten, die während einer unangekündigten Inspektion behandelt werden, können sich glücklich schätzen: Die Wahrscheinlichkeit, dass sie sterben, ist nämlich kleiner als in Zeiten ohne Inspektion. Zu diesem Schluss kommt eine im Fachjournal «Jama Internal Medicine» veröffentlichte Untersuchung.  
Forscher der Harvard University analysierten Daten aus 1'948 amerikanischen Spitälern zwischen 2008 und 2012. Während der unangekündigten Inspektionen starben 7,03 Prozent der Patienten innerhalb von 30 Tagen nach Spitaleintritt. In der übrigen Zeit lag die Mortalitätsrate bei 7,21 Prozent. 
Noch höher ist die Differenz in den Ausbildungsspitälern: Dort sank die Mortalitätsrate von 6,41 auf 5,93 Prozent. 
Michael Barnett, Andrew Olenski, Anupam Jena: «Patient Mortality During Unnanounced Accreditation Surveys at US Hospitals» - in: «Jama Internal Medicine», 20. März 2017

Messbar bessere Resultate

«Die Resultate überraschen, denn sie zeigen, dass die durch die Kontrollen bewirkte höhere Aufmerksamkeit zu messbar besseren Behandlungsresultaten führt», sagt Studienautor Anupam Jena von der Harvard T.H. Chan School of Public Health gegenüber der Agentur Reuters
Analysiert wurden die Inspektionen der Joint Commission, einer unabhängigen Non-Profit-Organisation, die Spitäler mindestens einmal alle drei Jahre aufsucht, um sie auf die Einhaltung von Richtlinien der Patientensicherheit zu prüfen. Spitäler setzen normalerweise alles daran, die Kontrollen zu bestehen. Fehler können sie teuer zu stehen kommen. 

Jährlich 3'600 Todesfälle vermeiden

Laut Jena weisen die Ergebnisse auf Möglichkeiten zur Qualitätsverbesserung hin: «Gegen 3'600 Todesfälle können jedes Jahr vermieden werden, das sind 10 pro Tag, wenn die medizinische Versorgung immer auf dem Stand wäre wie während der Inspektion.» 
Über die Gründe für die Differenz gibt die Studie keine Antwort. Am Händewaschen kann es nicht liegen: Ob mit oder ohne Inspektion - die Infektionsraten sind immer gleich. Am wahrscheinlichsten ist, dass Ärzte und Pflegepersonal die Diagnosen und Behandlungen während der Inspektionen schlicht und einfach sorgfältiger besprechen und durchführen als sonst. 
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