Warum ein Pflegeverhältnis von mehr als 6 Patienten riskant ist

Die Sterblichkeit in einem Spital hängt offenbar recht direkt davon ab, wie viele Pflegefachleute zur Verfügung stehen – aber auch, wie diese qualifiziert sind.

, 10. Februar 2016 um 13:00
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Eine auf «BMJ Open» publizierte Meta-Studie zeigt auf, wie wichtig das Patienten-Pflege-Verhältnis pro Kopf ist: Je weniger Patienten eine ausgebildete Pflegekraft betreuen muss, desto kleiner ist auch die Sterblichkeitsrate – dies die Kernaussage.
Die Studienautoren um Peter Griffiths von der Universität Southampton nennen gleich eine Zahl: Wenn diplomierte Pflegefachleute in einem Spital sechs oder weniger Patienten zugleich zu pflegen hatten, war die Sterberate um zwanzig Prozent niedriger als dort, wo sie mehr als zehn Patienten betreuen mussten.

Daten von fast 20 Millionen Patienten

Insgesamt nahmen die britischen Wissenschaftler Daten von fast 20 Millionen Patienten, von über 150 Spitälern und von rund 3’000 ausgebildeten Pflegefachkräften (registered nurse) aus dem britischen NHS-System unter die Lupe.
Die Sterblichkeitsrate der beobachteten Kliniken im Zeitraum von zwei Jahren erreichte dabei 7,9 auf 1’000 Patienten.
Peter Griffiths, Jane Ball, Trevor Murrells, Simon Jones, Anne Marie Rafferty: «Registered nurse, healthcare support worker, medical staffing levels and mortality in English hospital trusts: a cross-sectional study», in: «BMJ Open», Februar 2016.

Warum die Ausbildung eine wesentliche Rolle spielt

Gleichzeitig stellten die Gesundheitsökonomen eine ähnliche Verbindung zwischen der Anzahl der zur Verfügung stehenden Ärzten und Patienten fest. Auch hier: Je besser das Verhältnis – immer auf Vollzeitstellen gerechnet –, desto tiefer die Mortalitätsrate.
Zu einem umgekehrten Schluss kamen die Forscher aber bei weniger gut ausgebildetem Personal. Je höher das Verhältnis zwischen sogenannten Healthcare Support Worker (HCSW) – also unterstützende Mitarbeiter – und Patienten lag, desto höher war das Risiko für einen Tod auf der besagten Station. 
Es kommt also nicht nur auf den Personalbestand an, sondern eine entscheidende Rolle spielt auch hier die Bildungs-Qualifikation der Pflegenden.

Diskussion über Mindestpersonalbestand entfacht

Die Leiterin des Royal College of Nursing, Janet Davies, sieht in der Studie «eine klare Warnung» für die Folgen der Patientenversorgung, wenn ein Land zu wenig qualifizierte Pflegefachkräfte ausbildet.
«Das Pflegehilfspersonal ist sehr wertvoll – aber es sollte diplomiertes Pflegepersonal ergänzen und nicht ersetzen». 
Damit spricht Davies eine in Grossbritannien entfachte Debatte an. Dort ist laut Experten die Tendenz spürbar, dass aus ökonomischen Gründen immer weniger diplomierte Pflegefachleute zur Verfügung stehen. 

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