Warum Ärztinnen aussteigen

Ärztinnen, die Teilzeit arbeiten möchten, stellen sich vor allem zwei Probleme. Spitäler könnten diese Hürden aber abbauen, sagt die Geschäftsführerin des Verbands Medicalwomen.

, 8. Februar 2016 um 08:42
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Es ist bekannt: Viele ausgebildete Mediziner verlassen den Beruf bereits nach wenigen Jahren wieder. Rund jede fünfte Ärztin und jeder achte Arzt praktiziert laut dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zehn Jahre nach dem Abschluss bereits nicht mehr.
Derzeit erstellt der Verband Schweizer Assistenz- und Oberärzte (VSAO) einen detaillierten Überblick, wie viele Ärzte sich verabschieden. Von grossem Interesse dürfte vor allem die Frage nach dem Warum sein. 

Kinder und Karriere als Hindernis  

Klar ist: «Wenn jemand aus familiären Gründen – oder auch freiwillig – Teilzeit arbeiten will, es aber nicht kann, dann scheidet die Person aus dem Arztberuf aus»: Dies sagt VSAO-Geschäftsleiter Simon Stettler in einem Beitrag, den die «Aargauer Zeitung». zum Thema veröffentlich hat.
Konkret stellen sich Ärztinnen mit Kindern laut dem Bericht nämlich zwei Probleme:

Es fehlen Krippenplätze, die auf flexible Arbeitszeiten abgestimmt sind (Schicht- und Nachtbetrieb, Pikettdienst).Will sich eine Ärztin um ihre Kinder kümmern, kann sie nach wenigen Jahren nicht einfach wieder einsteigen.

Beim letzteren Punkt spielt der Weiterbildungsdruck in diesem Beruf eine wichtige Rolle. 
Für die Lösung beider Probleme ist laut Profis die Mithilfe der Spitäler gefragt. «Gewisse Spitäler stellen bereits heute Betreuungsplätze für Kinder bereit oder unterstützen Frauen, die nach der Babypause wieder arbeiten wollen», sagt Stettler. 

«Öffentliche Hand muss eingreifen»

Für den Verband Medical Women Switzerland (MWS) reicht das aber nicht. «Die Dichte an Betreuungsplätzen mit flexiblen Arbeitszeiten muss grösser werden», fordert Geschäftsführerin Judith Naef in der AZ.
Allerdings stehe diesen Zielen die Spitalfinanzierung im Weg. Kinderkrippen müssten theoretisch selbsttragend sein, was wegen längerer Öffnungszeiten und erhöhter Flexibilität aber kaum möglich sei. Deshalb müsse die öffentliche Hand eingreifen, findet Naef.

«Es fehlt eine Strategie»

Sie ist überzeugt: Mit dem wachsenden Frauenanteil unter der Ärzteschaft werden sich die genannten Probleme noch akzentuieren. Deshalb nütze es nichts, wenn der Bundesrat zwar mehr Geld für Mediziner spricht, diese Probleme aber vernachlässige. 
«Der Bund sollte nicht nur die Ausbildung fördern, sondern sicherstellen, dass die Berufsverweildauer steigt», sagt die MWS-Geschäftsführerin. «Da fehlen Massnahmen, es fehlt eine Strategie.»
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