Dafür müssen Patienten vor der Behandlung Geld überweisen

Neue und teure Zusatzangebot eines Basler Spitals stehen in der Kritik.

, 24. Juni 2019 um 07:55
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Vor der ambulanten Behandlung vom Privatkonto 1500 Franken ans Spital überweisen. Dies müssen Patienten des Basler Claraspitals machen - wenn sie bei einem ambulanten Eingriff von einem Chefarzt, einer Chefärztin nach Wahl behandelt werden wollen. Für weitere 1100 Franken kann man sich zudem ein Einzelbettzimmer sichern.
Damit reagiert das Spital auf die Regelung, wonach gewisse Eingriffe nur noch ambulant durchgeführt werden können, wie Radio SRF berichtet. Die Neuerung sorgt für breite Kritik. 
«Das ist ein Künstlerhonorar»
Patienten hätten wenn medizinisch angezeigt in allen Fällen das Anrecht durch die Behandlung durch den Chefarzt und auf ein Einzelzimmern, wird der Gesundheitsökonom Heinz Locher im Artikel zitiert. Man könne  diese Leistung folglich nicht doppelt verkaufen. Und ob der stolzen Höhe des Betrags für die Wahl des Arztes spricht Locher von einem überrissenen «Künstlerhonorar».
Auch beim Bundesamt für Gesundheit hegt man Zweifel, ob die vom Claraspital vermarktete Zusatzangebote statthaft sind. Ein BAG-Sprecher zweifelt im Text die KVG-Konformität an. Es dürften nur «echte Mehrleistung» zusätzlich verrechnet werden. Die freie Arztwahl falle aus Sicht des BAG wahrscheinlich nicht darunter. Auch für Locher ist das Angebot aus diesem Grund problematisch.
Tarmed deckt die Kosten nicht
Das Claraspital verteidigt das Angebot. Man wolle den Patienten ermöglichen, den Arzt ihres Vertrauens zu wählen. Dies ist bei ambulanten Angeboten ansonsten nicht möglich. Der Spitaldirektor betont, dass man auch die restlichen Patienten gut versorge. Der Grossteil der Zusatzeinkünfte gingen zudem ans Spital. Das Zusatzangebot helfe somit auch mit, die durch die Tarmed-Ansätze enstehende Kostenlücke zu verkleinern.
Kostendeckende Tarife für den ambulanten Bereich sind einer der Gründe, aus denen ein Tarmed-Nachfolgetarif erarbeitet werden soll. Die Verhandlungen zwischen den Vertragspartner laufen aber seit Jahren schleppend - und scheiterten wiederholt. Ob der aktuelle Versuch erfolgreich sein wird, ist noch unklar.

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