Teure Krebsmedikamente: Ärzte widersprechen Ärzten

Hinter dem Aufruf von 100 US-Medizinern gegen teure Krebsmittel tun sich wohl allerlei andere Interessen auf.

, 10. August 2015 um 14:11
image
  • medikamente
  • gesundheitskosten
  • onkologie
  • wirtschaft
Es war eine aufsehenerregende Aktion, als vorletzte Woche über 100 Ärzte – darunter viele grosse Namen der Onkologie – in einem gemeinsamen Aufruf forderten, dass gegen die hohen Preise für Krebsmedikamente eingeschritten werden muss. Der Aufruf, veröffentlicht in den «Mayo Clinic Proceedings» schloss mit einem 7-Punkte-Plan, der helfen sollte, die Preiswünsche der Pharma-Konzerne in Schach zu halten.
Doch inzwischen erwuchs der Sache auch Widerspruch, und er kam sogar von anderen Ärzten. Sie machten sich einen Kernpunkt der Pharmabranche zu eigen – nämlich das Argument, dass die Medikamente nur 20 Prozent der Onkologie-Kosten ausmachen. 
An der Spitze war die «Community Onkology Alliance», ein Verband von Ärzten, die sich ausserhalb des Spitalbetriebs für Krebspatienten respektive in der Krebsbekämpfung einsetzen – und der damit beansprucht, für die Betreuung von 80 Prozent der krebskranken Amerikaner besorgt zu sein.

Es waren Spital-Ärzte in einem Spital-Journal

Ted Okon, der Direktor des nationalen Organisation, richtete sich in einem Interview an die Onkologen hinter dem Preisstopp-Aufruf: «Sie müssen auf die gesamten Kosten der Betreuung schauen, nicht nur auf einen Ausschnitt. Also müssen Sie auch Ihre eigenen Institutionen ins Visier nehmen.»
Tatsächlich entstammen die Unterzeichner der Petition dem Umfeld der grossen Spitäler und Klinikketten; bezeichnend auch, dass die Aktion in einem Fachorgan der Mayo-Kette lanciert wurde. 
Die Community-Onkologen aber weisen darauf hin, dass der Gesundheitsbetrieb eben auch zu viele Kosten in den Spitälern verschlingt, beispielsweise im Labor- und Technologie-Betrieb.
Es zeigt sich also, dass sich hinter dem Sack der Medikamentepreise noch der Esel der weitergehenden Geldverteilung im Gesundheitssystem auftut.
«In Cancer Cost Debate, It's Oncologist vs. Oncologist», fasste denn auch das Fachorgan «HealthLeaders Media» den Stand der Dinge zusammen.
Siehe auch:
«Oncologists Debate High Cost of Cancer Drugs», in: «P&T Community»
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Klagen und Milliardenverlust: Rite-Aid stellt Insolvenzantrag

Hunderte Klagen, Milliardenverluste und rückläufige Umsätze – eine der grössten US-Apothekenketten will sich in einem Insolvenzverfahren sanieren.

image

Forscher lassen Zähne nachwachsen

Japanische Forscher haben Zahnknospen entdeckt, welche durch die Hemmung eines Gens zum Wachstum angeregt werden könnten.

image

Apotheker soll in Handel mit Betäubungsmitteln verwickelt sein

Ein Apotheker aus dem Kanton Zürich wird unter anderem verdächtigt, seine Sorgfaltspflicht beim Umgang mit Hustensirup verletzt zu haben.

image

Zum Arzt? In der Romandie jetzt auch in die Apotheke

Eine Konsultation in der Apotheke statt beim Arzt. In der Westschweiz ist das nun möglich. Die Kritik: Das ist gefährlich und letztlich teurer.

image

Medikamente: «Konzeptlose Preissenkungen sind unverantworlich»

Santésuisse nannte sechs Punkte, bei denen der Bundesrat Kostensenkungsmassnahmen hätte ergreifen können. Drei davon betreffen Medikamente.

image

Jetzt muss Sandoz Geld verdienen

Ein weniger nobler Geschäftssitz und mehr Nachahmer-Präparate von Biotechmedikamenten: So will der Sandoz-Chef die neue Firma rentabel machen.

Vom gleichen Autor

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.

image

Wer will bei den Helios-Kliniken einsteigen?

Der deutsche Healthcare-Konzern Fresenius sucht offenbar Interessenten für den Privatspital-Riesen Helios.