Sollen Krankenkassen jetzt Corona-Lohnausfälle finanzieren?

Ja, wenn es nach einem Vorschlag der Corona-Taskforce des Bundes geht. Die Versicherer von Santésuisse und Curafutura winken ab.

, 12. November 2020 um 10:02
image
  • coronavirus
  • covid science task force
  • versicherer
In ihrem aktuellen «Policy Brief» bringt die Corona-Taskforce des Bundes einen brisanten Vorschlag: Sie fordert, dass die Krankenversicherungen für die Lohnausfälle von Corona-Infizierten aufkommen sollen, die sich in Isolation befinden. Dort steht: 
«Finanzielle Unterstützung. Die Krankenversicherung entschädigt isolierte Patienten für den Lohnausfall.»

Recht auf ärztliches Attest

Sobald ein positives Testergebnis vorliege, müssten sich die Patienten in Isolation begeben. Und sie hätten ein Recht darauf, sofort ein ärztliches Attest zu erhalten, da von ihnen erwartet werde, dass sie zu Hause bleiben – auch bei leichten Symptomen.  
Unter Quarantäne gestellte Arbeitnehmer hingegen, die nicht von zu Hause aus arbeiten könnten, sollen gemäss «Policy Brief» über die Erwerbsersatzordnung (EO) entschädigt werden.
Das Papier wurde verfasst von Experten wie Marcel Salathé von der ETH Lausanne oder Milo Puhan, Universität Zürich. Ziel sei es, Lehren aus der bisherigen Strategie zu ziehen. Den Experten schwebt ferner der Aufbau einer «Testorganisation im industriellen Massstab» vor, um für die dritte Welle gewappnet zu sein. 

Keine Aufgabe der Versicherer

Für Matthias Müller von Santésuisse ist klar: «Krankenversicherer finanzieren Leistungen zur Behandlung von Patientinnen und Patienten.» Sie seien nicht dazu da, Lohnausfälle zu übernehmen, erklärt er auf Anfrage. «Dafür sind andere Sozialversicherungen vorgesehen.»
Wenn die obligatorische Krankenpflegeversicherung gezwungen wäre, Lohnausfälle zu bezahlen, würde das zu massiven Prämienerhöhungen führen, so Müller weiter.
Die Taskforce wiederum macht keine Angaben zu den finanziellen Folgen der Empfehlung. 

Curafutura verweist auf das Gesetz

Curafutura, der andere Krankenversicherer-Verband, hat vom Inhalt dieses Papiers keine Kenntnis. «Grundsätzlich sind wir als Tarifpartner sowie das Bundesamt für Gesundheit für Belange des KVG und dessen Leistungen zuständig», sagt Ralph Kreuzer auf Anfrage. 
Der Ersatz von Lohnausfällen sei zudem mit der Taggeldversicherung auf gesetzlicher Basis geregelt, und werde ausgerichtet, sofern entsprechende Versicherungen beständen. 
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image
Gastbeitrag von Beat Walti

Für eine echt freie Spitalwahl – auch für die Zusatzversicherten

Regelmässig bleibt es Zusatzversicherten versagt, sich in allen Spitälern behandeln lassen – trotz einer Police, die dies suggeriert. Doch es gäbe Möglichkeiten, damit man auch in fortgeschrittenem Alter den Versicherer wechseln kann.

image

Helsana-Präsident Thomas D. Szucs tritt in einem Jahr zurück

Dann wird er insgesamt 15 Jahre an der Spitze der grössten Schweizer Krankenversicherung gewesen sein.

image

«Kein Mensch will Rationierungen»

Für Santésuisse-Präsident Martin Landolt würde die Kostenbremse-Initiative nicht zu Qualitätsverlust führen. Solange die Bundespolitik ihre Hausaufgaben macht.

image

«Die Spitäler sind selber schuld»

Santésuisse-Präsident Martin Landolt über defizitäre Spitäler, den Tardoc-Streit, ambulante Pauschalen und unnatürliche Kooperationen.

image

KPT will nur noch einen Krankenkassenverband

Nach ihrem Austritt aus Curafutura will die KPT nicht zur Konkurrenz Santésuisse. Sondern einen einzigen Verband.

image

Hirslanden einigt sich mit der CSS – diese zahlt wieder

Die Hirslanden-Gruppe und die Krankenkasse CSS haben sich auf neue Tarife für Halbprivat- und Privatversicherte geeinigt.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.