Siamesische Zwillinge getrennt – mit Hilfe von Artificial Intelligence

Chirurgen in den USA trennten drei Monate alte Säuglinge, die an Herz und Leber zusammengewachsen waren. Der Eingriff wurde möglich, weil er mit 3D-Welten geplant, getestet und geübt werden konnte.

, 24. Juli 2017 um 08:30
image
  • trends
  • chirurgie
  • pädiatrie
Die Bildgebung eröffnet derzeit rapide Fortschritte – ein ungewöhnlicher Erfolgseingriff in Minnesota bietet jetzt ein neues Beispiel dafür. Im Herzzentrum des Masonic Children’s Hospital gelang es, zwei Mädchen zu trennen: Sie waren an Herz und Leber zusammengewachsen.
Um den hochriskanten Eingriff optimal zu planen, griff das Ärzteteam zu zwei Neuerungen unserer Zeit – erstens einer dreidimensionalen Darstellung der betroffenen Organe: Dabei wurden die CT-Scans dermassen gross aufbereitet, dass die Ärzte mit 3D-Brillen den Eindruck erhielten, dass sie buchstäblich in den Herzen der Babies herumliefen – Organen, die in Realität die Grösse einer Walnuss hatten. Plus, zweitens, ein 3D-Drucker, mit dem Herz und Leber dann wieder en detail rekonstruiert wurden.
image
Tatsächlich halfen diese Möglichkeiten nicht nur, ein möglichst perfektes Verständnis der zu erwartenden Lage anzutrainieren – sondern die Erkenntnisse führten dazu, dass das Team um Chef-Kinderchirurg Daniel Saltzmann und Chef-Kinderherzchirurg Anthony Azakie die ganze Strategie änderten.
Nach der Geburt im Februar war ohnehin rasch klargeworden, dass nicht viel Zeit bleiben würde: Die Belastung von Herz und Nieren des einen Mädchens wurde lebensgefährlich. Wie Saltzmann und Azakie nun aber der «Washington Post» berichteten, entdeckten sie mit den AI-Brillen innert Minuten eine Bindegewebsschwäche bei einem der Mädchen: Die Gefahr erschien also enorm, dass hier ein Herzversagen drohte – mit fatalen Folgen für beide Kinder.

«…als würde ich in der Zukunft arbeiten»

Die Operation musste also noch weiter nach vorne geschoben werden. Insgesamt acht Mal spielten die Chirurgen in der Folge die Operation mit zwei kleinen Puppen und dem 3-D-Herzen durch – von dem sie dank der Grossaufnahmen sehr präzise Vorstellung hatten, bis in kleinste Details.
«Es fühlte sich an, als würde ich in der Zukunft arbeiten», sagte Daniel Saltzmann der «Washington Post». «Es war ausserordentlich erhebend.»
Die Operation fand bereits am 10. Mai statt, wurde aber jetzt erst bekannt gegeben: Beide Mädchen sind wohlauf, derzeit aber weiterhin in Spitalbehandlung.
.
Mehr: Medienmitteilung University of Minnesota | «Cardiovascular Business»  | «Washington Post»  | «US News & World Report» |  
image
Aufzeichnung der App bei Vorhofflimmern-Patienten und bei gesunden Menschen |  Screenshot Cardiogram
Mit der Apple Watch Vorhofflimmern entdecken
Die US-Medtechfirma Cardiogram hat mit Medizinern der University of California in San Francisco ein Programm entwickelt, das helfen soll, stetig neue Fälle von Vorhofflimmern zu entdecken. 
In einem ersten Schritt brachte Cardiogram eine App für die Apple Watch auf den Markt – sie ist in der Lage, den Puls und EKG-Daten zu erfassen. In einer weiteren Studie wurden nun die Daten von 6,100 Nutzern dieser App erfasst – mit dem Ziel, ein neuronales Netzwerk (also ein Artificial-Intelligence-System) daraus lernen zu lassen.
Bei einer ersten Präsentation der Daten konnten die Forscher aus Kalifornien nun mitteilen, dass ihr Programm – beziehungsweise die Smartwatch – mit 97prozentiger Akkuratesse festlegen kann, ob der Träger unter Vorhofflimmern leidet.

  • Mehr: «MobiHealthNews»  | «Apple Magazine» | «The Verge» 

Digitalzukunft im Gesundheitswesen: Ein weiteres Beispiel...

Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Weniger Schlaganfälle dank dem schlauen Auto

Deutsche Wissenschaftler verwandeln das Automobil in ein Diagnose-Vehikel.

image

Palliative Care: Zeigen, was ist

Die Stiftung Palliaviva macht in einem Foto-Projekt die Realität von Palliative Care sichtbar – damit die Öffentlichkeit besser für die Betreuungsarbeit sensibilisiert wird.

image

Genolier Innovation Hub: Wo sich medizinische Visionen und klinische Praxis treffen

Der Genolier Innovation Hub wird an diesem Wochenende eröffnet. Der Campus am Genfersee soll weltweit bekannt werden – wegen Firmen, die hier an den Grenzen der Medizin forschen.

image

«Wir sind einzigartig – weil wir eine Lücke füllen»

Die Schweiz hat ein neues Zentrum für Medizinforschung: den Genolier Innovation Hub mit Anna Gräbner als CEO. Hier erklärt sie, wie Spitzen-Medtech und klinische Arbeit am Genfersee aufeinandertreffen.

image

Datenanalyse: Antibiotikaresistenz wird zum Altersproblem

Der Anteil der Todesfälle wegen Resistenzen sank in den letzten Jahren. Aber die gesellschaftliche Alterung dürfte das Problem nun verschärfen.

image

Krebsforschung ist besorgt, weil Spenden zurückgehen

Bisher hatte die Krebsforschung in der Schweiz genug Spendengeld für Forschungsprojekte. Letztes Jahr musste sie aber zu viele zurückweisen.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.