Senevita-Wäsche wird ins Ausland und wieder zurück gefahren

Elf Schweizer Senevita-Altersheime lassen ihre Wäsche nach Deutschland fahren und dort waschen. Sind die Schweizer Wäschereien zu wenig gut - oder schlicht zu teuer?

, 13. November 2019 um 06:38
image
  • senevita
  • pflege
  • wirtschaft
  • spital
Es ist eine seltsame Warenaus- und Wareneinfuhr zwischen der Schweiz und Deutschland: Lastwagen von Textilreinigungsfirmen exportieren Säcke voll dreckiger Wäsche aus Schweizer Heimen und Spitälern. Und einige Tage später wird dieselbe Wäsche dann wieder in die Schweiz importiert, dieses Mal jedoch sauber und schön gefaltet.
Unter anderem 11 der 27 Betriebe der Pflegeheim-Gruppe Senevita schicken laut der Sprecherin Daniela Flückiger ihre Schmutzwäsche ganz oder teilweise nach Deutschland. Und zwar zur Firma Geiger im deutschen Bad Säckingen. Dorthin gelangen nicht nur Leintücher und Berufsschürzen von grenznahen Heimen. Zum Beispiel auch das Heim Aespliz in Ittigen bei Bern exportiert seine Wäsche. Das bedeutet pro Waschgang über 200 Kilometer Fahrt.

28 Franken statt 15 Euro pro Stunde

Für die einheimischen Wäschereien ist dies ärgerlich. Melanie Saner vom Verband Textilpflege Schweiz VTS wundert sich, dass Spitäler und Altersheime das Risiko eingehen, dass wegen allfälligen Verzögerungen am Zoll oder wegen Feiertagen im Ausland nicht immer genug frische Wäsche vorhanden sein könnte. Sie räumt auf Anfrage von Medinside aber auch ein: «Schweizer Wäschereien können mit den Preisen im Ausland nicht mithalten».
Besonders die Lohnkosten fallen ins Gewicht: In Deutschland beträgt der gesetzliche Mindestlohn derzeit etwas mehr als 9 Euro brutto pro Stunde. Ein Branchen-Kenner aus der Schweiz schätzt, dass in den deutschen Textilreinigungen Stundenlöhne bis zu 15 Euro bezahlt werden. In der Schweiz hingegen seien es bis zu 28 Franken pro Stunde.

Es dauert etwas länger

Daniela Flückiger von Senevita betont jedoch, dass die Altersheim-Gruppe nicht nur wegen des günstigeren Preises in Deutschland waschen lasse. Genauso wichtig seien Qualität, Hygiene und Zuverlässigkeit, sagt sie. Zudem biete die deutsche Firma ein Gesamtpaket, das auch Bügeln und Wäschemiete einschliesse.
Die Senevita-Sprecherin beteuert, dass die Auslagerung der Wäsche nach Deutschland keine Nachteile mit sich bringe. Aufgrund der Transportwege dauere es bei externen Wäschereien zwar etwas länger, als wenn die Wäsche gleich im Haus gewaschen werde. Doch stellt sie in Abrede, dass Wäschestücke auf dem Weg in die ausländische Wäscherei schneller verloren gingen oder zu wenig sorgfältig behandelt würden. Für dringliche Wäsche oder delikate Stücke, beispielsweise von Bewohnerinnen oder Bewohnern, habe jeder Betrieb auch eigenen Waschmaschinen.

Schweizer Textilreinigungsfirmen wehren sich

Die Schweizer Textilreiniger haben auch schon bei der Oberzolldirektion reklamiert, dass ausländische Wäschereien jeden Tag 30 Tonnen Wäsche mühelos und ohne genaue Zollkontrolle über die Schweizer Grenze transportieren könnten. Eine Verschärfung der Regeln für den Wäsche-Grenzverkehr ist allerdings nicht zu erwarten.
So hat der VTS zu anderen Mitteln gegriffen und kürzlich eine eigene Auszeichnung geschaffen: «Textiles washed in Switzerland». In der Schweiz aufbereitete Wäsche habe meistens kürzere Transportwege hinter sich und sorge für Arbeitsplätze im Inland, streicht der Verband die Vorteile seiner Mitglieder heraus. In der Schweiz arbeiten rund 5000 Personen in Wäschereien.
Bei den Schweizer Spitälern ist die Auslagerung der Wäsche ins Ausland noch wenig verbreitet. Das Berner Inselspital, das grösste Schweizer Spital, lässt seine Wäsche seit Jahrzehnten in derselben Wäscherei waschen. Am Unternehmen, das heute Elis, früher Ino-Tex und noch früher Zentralwäscherei hiess, war das Spital bis vor einigen Jahren sogar selber beteiligt.

Auch Freiburg hat Wäsche ausgelagert – aber in die Nachbarschaft

Das Freiburger Spital HFR hat erst kürzlich den Unterhalt seiner gesamten Wäsche ausgelagert – allerdings nicht ins Ausland, sondern an das Westschweizer Unternehmen Les Blanchisseries Générales (LBG).
Doch es gibt trotzdem einzelne Spitäler, die im Ausland waschen lassen: Das Spital Limmattal in Schlieren lässt seine Wäsche seit rund zehn Jahren in Süddeutschland aufbereiten. Gezwungenermassen, wie der Mediensprecher mitteilt. Das Spital sei verpflichtet, einen solchen Auftrag öffentlich auszuschreiben. Und wenn ein deutsches Unternehmen die Bedingungen am besten erfüllt, erhalte dieses den Zuschlag, erklärt Spital-Sprecher Stefan Strusinski auf Anfrage von Medinside.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Stephan Bachmann wird Präsident von Curaviva Basel-Stadt

Der ehemalige Direktor von Rehab Basel löst im kommenden Jahr Veronica Schaller ab.

image

Eine Zusammenarbeit, vernetzt wie das Gefässsystem

Wie in den meisten anderen medizinischen Fachbereichen setzt das Spital Lachen auch in seinem Gefässzentrum auf eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit. Sie garantiert den Patientinnen und Patienten eine professionelle und ganzheitliche Diagnostik, Behandlung und Nachbehandlung.

image

Ein Jahr «Bülacher Modell»: Positive Auswirkungen auf Personal und Kosten

69 Prozent weniger Fluktuation, 1,2 Millionen Franken gespart, 90  Prozent zufriedenere Mitarbeitende: Das Spital Bülach zog eine Bilanz.

image

Pflegeoffensive in Zürich: Weniger Fluktuation, mehr Nachwuchs

Drei Jahre nach dem Start des Programms «Stärkung Pflege» zieht die Stadt Zürich Bilanz: Die Pflegeberufe seien spürbar attraktiver geworden.

image

Ressourceneffizienz bei Schweizer Spitälern

Interview von Unite mit Andrea Raida M.Sc., Projektleiterin Health Care Logistics am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML, über Ergebnisse des Forschungsprojekts «Green Hospital»

image

«Keine taugliche Lösung»: Spitäler fürchten Milliardenkosten wegen Pflege-Initiative

Spitäler und Heime fordern, dass der Bundesrat die Finanzierung der Mehrkosten für die besseren Arbeitsbedingungen in der Pflege klar regelt.

Vom gleichen Autor

image

«Das Inselspital ist noch lange nicht über den Berg»

Das Inselspital wartete mit guten Meldungen auf. Doch der Insel-Kritiker Heinz Locher gibt keine Entwarnung.

image

So entgehen Sie dem Hochstapler-Syndrom

Viele Ärztinnen und Ärzte überfordern sich – und glauben dann selber, dass sie über ihrem Können spielen. Das ist schlecht für die Psyche.

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.