Neurochirurgie-Chefarzt verlässt das Kantonsspital

Der Chef des Neurozentrums der Tessiner Kantonsspitäler geht. Sein Weggang soll laut einem Medienbericht auch in einem Zusammenhang mit den Untersuchungen im Fall der angeblich fiktiven Operationen im Tessin stehen.

, 20. Februar 2020 um 06:30
image
image
Michael Reinert (EOC)
Michael Reinert verlässt die Tessiner Kantonsspitalgruppe Ente Ospedaliero Cantonale EOC. Auslöser für seine Entscheidung sollen vor allem persönliche und familiäre Gründe sein: Er will zurück in die Deutschschweiz. Aber nicht nur, wie die Tessiner Zeitung «Il Caffè» berichtete.
Der Rücktritt des Chefarztes des Neurozentrums in Lugano soll auch in einem Zusammenhang stehen mit den Untersuchungen im Fall der mutmasslichen Scheinoperationen in der Klinik Ars Medica in Gravesano. Dies konnte die Zeitung laut eigenen Angaben rekonstruieren.

Uneinigkeit im Fall der angeblichen Scheinoperationen?

So sollen die Untersuchungen im Fall der angeblichen Scheinoperationen im Tessin (siehe Box) zu Unstimmigkeiten geführt haben. Für Reinert hätte das für die Beurteilung zuständige Kantonsspital nicht nur die offiziell gemeldeten zehn Fälle übernehmen sollen. Sondern auch die ungefähr 40 anderen von dem unter Verdacht stehenden Chirurgen operierten Patienten, die sich aus Zweifel und Angst an das Neurozentrum gewandt hätten. Michael Reinert und andere Spezialisten vermuten laut Zeitungsbericht gar einen Modus Operandi.

Untersuchungen laufen

Ein Neurochirurg der Ars Medica Klinik in Gravesano wird seit Sommer 2019 verdächtigt, fiktive Operationen durchgeführt zu haben. Der schwerwiegende Verdacht geht auf vier Beschwerden zurück, die der Tessiner Kantonsarzt zwischen Februar und Juli letzten Jahres eingereicht hatten. Zudem sollen auch Patienten Anzeige gegen den Neurochirurgen erstattet haben.
Nebst den strafrechtlichen Ermittlungen der zuständigen Behörden wird derzeit auf die Ergebnisse eines Gutachtens von zwei Fachleuten gewartet. Der belastete Chirurg der Swiss Medical Network-Klinik in Gravesano weist die Anschuldigungen von sich und arbeitet inzwischen wieder bei der Privatklinik, nachdem die Klinik seine Tätigkeiten vorsorglich ausgesetzt hatte.

Weist mutmasslicher Zusammenhang zurück  

Reinerts Kündigung haben allerdings keinen Zusammenhang mit den Untersuchungen der angeblich fiktiven Eingriffen in Gravesano, wie das die Zeitung «Il Caffè» mutmasst. Er habe sich nach reiflicher Überlegung aus «persönlichen und familiären Gründen» entschieden eine neue Herausforderung anzutreten, wie er auf Anfrage von Medinside schreibt. Ein Zusammenhang mit Ars Medica existiere nicht.
Michael Reinert arbeitet seit Januar 2013 bei den Ente Ospedaliero Cantonale EOC als Chefarzt der Neurochirurgie im Ospedale Regionale di Lugano. Stationen in der beruflichen Karriere des 52-Jährigen waren unter anderem das Inselspital, das Kantonsspital Baselland (KSBL) sowie das Kantonsspital Aarau (KSA).
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Hirslanden: Umbau an der Spitze – näher zu den Regionen

Hirslanden-Zürich-Direktor Marco Gugolz zieht als Regional Operations Executive in die Konzernleitung ein.

image

Was geschieht mit dem Spital Thusis?

Die Stiftung Gesundheit Mittelbünden sucht Wege aus der finanziellen Krise – beraten von PwC. Ein Entscheid soll im Herbst fallen.

image

CSEB: «Herausfordernd, aber zufriedenstellend»

Trotz roten Zahlen und leicht rückläufigen Patientenzahlen gibt sich das Center da sandà Engiadina Bassa optimistisch.

image

Spital STS: Hohe Patientenzahlen bewahren nicht vor Verlust

Sowohl stationär als auch ambulant gab es bei der Spitalgruppe Simmental-Thun-Saanenland 2023 einen Zuwachs.

image

Spital Lachen bricht Neubau-Projekt ab

Nun soll saniert statt neu gebaut werden – aus finanziellen Gründen, aber auch wegen der Flexibilität.

image

Spitalzentrum Biel: Sehr rote Zahlen wegen Sonderabschreiber

Andererseits war 2023 ein Wachstumsjahr für die SZB-Gruppe, es gab einen Rekordwert bei den Patientenzahlen. Und die dynamische Entwicklung setze sich 2024 fort.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.