Nationalrat will Boni und Kickbacks nicht verbieten

Der Nationalrat lehnte am Montag eine Motion ab, mit der Anreize zur Mengenausweitung hätten eliminiert werden sollen.

, 14. Dezember 2020 um 21:31
image
  • ärzte
  • trends
Als Alt Nationalrätin Bea Heim im Dezember 2018 ihre Motion «Schluss mit mengenmässigen Bonusvereinbarungen oder Kickbacks» einreichte, konnte sie kaum ahnen, wie monetär getriebene Ärzte nur Wochen vor der Nationalratsdebatte für Schlagzeilen sorgen würden.

Fink und Maisano

Die St. Galler SP-Nationalrätin Barbara Gysi liess es sich denn auch nicht nehmen, auf Reportagen in der «NZZ am Sonntag» hinzuweisen, wo Missstände aufgedeckt wurden. Der Chefarzt der Gynäkologie am Universitätsspital Zürich, Daniel Fink, soll parallel mehrere Operationen durchgeführt haben, erklärte Barbara Gysi am späten Montagnachmittag im halbleeren Nationalratssaal. Sie nannte auch Francesco Maisano, der Leiter der Herzchirurgie am Unispital Zürich, der Implantate einer Firma eingesetzt haben soll, an der er selber beteiligt war.
Es sind solche Machenschaften, die Bea Heim mit ihrer vor zwei Jahren eingereichten Motion unterbinden wollte. Boni und Kickbacks würden zu Fehlanreize führen, schrieb sie in ihrer Begründung. Eine unnötige und medizinisch nicht gerechtfertigte Mengenausweitung sei die Folge.

Expertenbericht Diener

Die ehemalige SP-Nationalrätin aus dem Kanton Solothurn stützte sich dabei auf den vielzitierten Expertenbericht «Kostendämpfungsmassnahmen zur Entlastung der OKP» vom August 2017. Geleitet wurde die Gruppe von Verena Diener, Alt Ständerätin und Alt Regierungsrätin des Kantons Zürich.
Konkret geht es um den Punkt 5.4.2 zur Vermeidung von Fehlanreizen. «Zukünftig sollen Spitäler mit mengenabhängigen Bonusvereinbarungen oder Kickbacks im Rahmen der kantonalen Spitalplanungen ausgeschlossen werden», steht da im Bericht zu lesen, der vom Bundesrat in Auftrag gegeben wurde. Dennoch empfiehlt der Bundesrat, die Motion abzulehnen.
Es gäbe bereits andere Vorstösse, die in die gleiche Richtung zielten, schreibt der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 27. Februar 2019. Er wolle prüfen, ob und wie das Anliegen mit einer Anpassung der Verordnung angegangen werden könne oder ob eine Anpassung auf Gesetzesstufe erforderlich sei.
In der Nationalratsdebatte vom Montag musste dann Sozialminister Alain Berset den Standpunkt des Bundesrats verteidigen. Doch seine Wortwahl und Körperhaltung machten keinen Hehl daraus, dass er das contre-coeur tun musste. Ausser Barbara Gysi und Alain Berset äusserte sich niemand zur Motion. Sie wurde abgelehnt. 
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

«Wir sind einzigartig – weil wir eine Lücke füllen»

Die Schweiz hat ein neues Zentrum für Medizinforschung: den Genolier Innovation Hub mit Anna Gräbner als CEO. Hier erklärt sie, wie Spitzen-Medtech und klinische Arbeit am Genfersee aufeinandertreffen.

image

Clinicum Alpinum Liechtenstein: Mitgründer tritt zurück

Marc Risch übergibt das Zepter an Pavel Ptyushkin.

image

Das Ende des Numerus Clausus ist beschlossen

Trotz Widerstand von Bundesrat Guy Parmelin setzt das Parlament auf eine Alternative zum NC für angehende Schweizer Ärzte.

image

VSÄG: Schlagabtausch zwischen abgewählter Präsidentin und Kantonsarzt

Monique Lehky Hagen wurde als Präsidentin der Walliser Ärztegesellschaft abgewählt - und warf dem Kantonsarzt Eric Masserey Manipulation vor. Dieser kontert.

image

Spital Emmental: Neues Führungsteam für das chirurgische Departement

Ab Januar 2025 wird Matthias Schneider Chefarzt der Chirurgie, André Gehrz sein Stellvertreter in Burgdorf. Stephan Vorburger wechselt intern.

image

Datenanalyse: Antibiotikaresistenz wird zum Altersproblem

Der Anteil der Todesfälle wegen Resistenzen sank in den letzten Jahren. Aber die gesellschaftliche Alterung dürfte das Problem nun verschärfen.

Vom gleichen Autor

image

Physiotherapie: Die Stolpersteine im Tarifstreit

Wie weiter im Tarifstreit in der Physiobranche? Die Frage ist: Welcher Streit – jener über die Tarifstruktur oder jener über den Preis?

image

So funktioniert die Sterbehilfe in Europa

In mehreren Ländern Europas ist die Sterbehilfe entkriminalisiert worden. Ein Überblick.

image

«Genau: Das Kostenwachstum ist kein Problem»

Für FMH-Präsidentin Yvonne Gilli ist klar: Es braucht Kostenbewusstsein im Gesundheitswesen. Aber es braucht keine Kostenbremse-Initiative.