Menschen werden immer älter, aber sind sie auch gesund?

Alt sein und gesund bleiben - das wünscht man sich. Doch wie sieht die Realität aus? Die neue Obsan-Studie zeigt, ob die steigende Lebenserwartung gesunde Lebensjahre mit sich bringt oder nicht.

, 16. Februar 2021 um 11:03
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In der Schweiz ist die Lebenserwartung seit dem 19. Jahrhundert mehr oder weniger ununterbrochen gestiegen - zunächst als Folge der rückläufigen Sterblichkeit bei Kindern, später bei den Erwachsenen. Die in den letzten Jahrzehnten gewonnenen Lebensjahre kamen im Wesentlichen den Personen ab 65 Jahren zugute. Im Alter von 65 Jahren haben Frauen in der Schweiz gemäss Bundesamt für Statistik (BFS) heute noch eine Lebenserwartung von durchschnittlich 22,7 Jahren (2000: 20,6 Jahre); bei den Männern sind es 20,0 Jahre (2000: 16,7).

Neue Obsan-Studie

Der Anstieg der Lebenserwartung älterer Menschen wirft jedoch Fragen auf: In welchem Gesundheitszustand werden die gewonnen Lebensjahre verbracht? Sind die notwendigen körperlichen und kognitiven Fähigkeiten vorhanden, um den Alltag selbstständig bewältigen zu können? 
Dazu präsentiert das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan) seine neue Studie, die in Zusammenarbeit mit Unisanté entstanden ist.  Präsentiert werden die jüngsten Trends in der Schweiz bezüglich der Häufigkeit funktioneller Beeinträchtigungen (Schwierigkeiten oder Unterstützungsbedarf bei Alltagsaktivitäten) in der älteren Bevölkerung sowie die aktuelle Entwicklung der Lebenserwartung im Alter von 65 Jahren mit und ohne funktionelle Beeinträchtigung. Die Daten für die Schweiz werden durch die neuesten Ergebnisse aus der wissenschaftlichen Literatur zu Europa und den USA ergänzt.

Hypothesen der 1980-er und 1990-er-Jahre

Ein Blick zurück: In den 1980er- und 1990er-Jahren wurden hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung des Gesundheitszustandes älterer Menschen zwei Hypothesen formuliert. Während die pessimistische von einem Leben geprägt mit funktionellen Beeinträchtigungen ausging, besagte die optimistische, dass der Anteil der gesunden Lebenszeit zunehmen wird und sich die mit Beeinträchtigungen der verbrachten Lebensphase verkürzt. 

Schweizer SGB-Umfrage

Die Schweizerische Gesundheitsbefragung (SGB) führt alle fünf Jahre eine repräsentativen Stichprobe der Wohnbevölkerung in Privathaushalten durch. Dabei wird unter anderem nach funktionellen Beeinträchtigungen gefragt. Die SGB liefert Informationen über die Häufigkeit von Beeinträchtigungen bei instrumentellen Alltagsaktivitäten (Instrumental Activities of Daily Living, IADL) und bei grundlegenden Alltagsaktivitäten (Activities of Daily Living, ADL) (siehe Box). 

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie

Wie die wichtigsten Ergebnisse der Obsan-Studie zeigen, war der Anteil der älteren Personen mit funktionellen Beeinträchtigungen zwischen den Jahren 2007 bis 2017  eher rückläufig. Infolgedessen blieb die Lebenserwartung mit Beeinträchtigungen relativ stabil oder nahm sogar ab, während die Lebenserwartung ohne funktionelle Beeinträchtigung eher gestiegen ist. Diese Beobachtungen stehen in Einklang mit einer leichten Kompression der Morbidität in der Schweiz zwischen 2007 und 2017. Zum Vergleich: In Europa und den USA zeigt sich kein eindeutiger Trend und die jüngste Entwicklung dieser Indikatoren variiert von Land zu Land. 
Zur Studie geht es hier

Messung der funktionellen Beeinträchtigung

Die funktionelle Beeinträchtigung ist zu verstehen als Schwierigkeit oder Unterstützungsbedarf bei der Erledigung von Alltagsaktivitäten. Sie ist eine Folge von chronischen Erkrankungen oder Unfällen, die durch den alterungsbedingten fragilen Körper ausgelöst werden.
Instrumentelle Alltagsaktivitäten (IADL): selbstständig einkaufen, Essen zubereiten, Hausarbeit erledigen, Medikamente richtig einnehmen, sich um die Finanzen kümmern, die eigene Mobilität organisieren und die öffentlichen oder privaten Verkehrsmittel benützen. Einschränkungen bei diesen Alltagsaktivitäten treten in der Regel früher auf und gelten als weniger schwerwiegend.
Grundlegende Alltagsaktivitäten (ADL): selbstständig essen, baden oder duschen, zur Toilette gehen, sich an- und ausziehen, ins oder aus dem Bett steigen. Beeinträchtigungen bei diesen Alltagsaktivitäten treten in der Regel später auf und gelten als schwerwiegend.
Ob und in welchem Masse eine Person bei diesen beiden Kategorien von Aktivitäten beeinträchtigt ist, erhebt die Schweizerische Gesundheitsbefragung (SGB) anhand der Frage: Bitte sagen Sie mir (für jede der folgenden Alltagsaktivitäten), ob Sie das ohne Schwierigkeiten, mit leichten Schwierigkeiten, mit starken Schwierigkeiten oder überhaupt nicht machen können. Die Befragten stufen ihre Fähigkeit zur selbstständigen Ausführung jeder instrumentellen und grundlegenden Alltagsaktivität ein. In diesem Bulletin wird Beeinträchtigung definiert als grosse Schwierigkeit oder Unfähigkeit zur selbstständigen Ausführung mindestens eines der ADL- bzw. IADL-Items.
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