Das Konzept der medizinischen Einkaufszentren ist nicht neu. Eine der ersten
Medical Mall nahm bereits vor über 20 Jahren in den USA den Betrieb auf:
die Jackson Medical Mall im Staat Mississippi. In Amerika gibt es mittlerweile Dutzende medizinische Shopppingcenter. Auch China hat vor kurzem in Hangzhou in der Provinz Zhejiang das erste medizinische Einkaufszentrum des Landes eröffnet.
Die Idee dahinter: Shopping-Erlebnis, Freizeit und medizinisches Angebot unter einem Dach. Zwar gibt es auch hierzulande Praxen oder Kliniken, die in einem Einkaufszentrum zu Hause sind: zum Beispiel
die externe Praxis des Kantonsspitals Winterthur (KSW) im Glattzentrum – oder die Pallas Kliniken in Olten.
Kliniken, Shops, Restaurants, Bank
Doch das Grundgerüst eines medizinischen Einkaufszentrums geht noch viel weiter. Die Jackson Medical Mall zum Beispiel beherbergt auf Tausenden Quadratmetern Kardiologie, Geburtshilfe, Onkologie sowie andere Fachbereiche. Und eben auch zahlreiche Shops: unter anderem Lebensmittel, Schulen, Restaurants, Schönheitssalons, Schuhgeschäfte oder eine Bank.
In der Schweiz ist man von diesem Gedanken weit entfernt, obwohl das vielleicht mehr als nur Zukunftsmusik ist,
wie Experten sagen. Ein Einkaufszentrum, das sich diesem Konzept langsam öffnet, ist die Mall of Switzerland in Ebikon. Dort
startet im November die Luzerner MedCenter Gruppe eine Gruppenpraxis mit drei vollzeitlich tätigen Fachärzten und medizinischen Fachkräften.
Mall of Switzerland: «Auftakt zu einem Medizin-Cluster»
Center-Manager Jan Wengeler kann sich gut vorstellen, dass die hausärztliche Praxis der Nukleus für weitere medizinische und paramedizinische Angebot an diesem Standort ist, wie er zu Medinside sagt: «Die Eröffnung der MedCenter Praxis könnten den Auftakt zu einem Medizin-Cluster mit Fachpraxen wie Augenärzten, Zahnärzten, Kinderärzten sowie medizinischen Leistungen wie Physiotherapie, Akupunktur und so weiter bilden.»
«Medizin und Shopping – das Notwendige mit dem Angenehmen verbinden» | Jan Wengeler PD
Die Mall of Switzerland vereine als zweitgrösstes und innovativstes Shoppingcenter der Schweiz bewusst Einkaufs-, Freizeit-, Gastronomie- und Serviceangebote an einem Ort. «Dazu zählen meines Erachtens zwingend auch Angebote im Bereich der medizinischen Versorgung».
Und das Notwendige mit dem Angenehmen zu verbinden, trage nicht nur unseren knappen Zeitbudgets Rechnung, sondern reflektiere auch das veränderte Selbstverständnis des Individuums in unserer Gesellschaft, so Wengeler.
Nach dem Kinderarzt ins Kinderparadies
Mit einem Augenzwinkern könnte man behaupten, sagt Wengeler, dass die Situierung medizinischer Leistungen in einem Erlebnis- und Einkaufszentrum letztlich vielleicht auch der Gesundheitsförderung dient? «Die Akzeptanz ärztlicher Beratung und Therapie steigt, wenn die Patienten ihren Arztbesuch mit einem Kinobesuch, dem Training im Fitnesspark oder einem guten Essen verbinden können.»
Hier gibt es laut Center-Manager Wengeler viele Kombinationsmöglichkeiten. Etwa der Tochter oder dem Sohn die Visite beim Kinderarzt mit einem Besuch im Kinderparadies versüssen oder ein Paar verbindet seine Shopping-Tour mit dem Zahnarzttermin des Mannes, einer Kosmetik-Behandlung der Frau und einem Kinobesuch.
Center für ambulante Operationen
Konkret kann sich Jan Wengeler im Umfeld des Training Centers, der Sportgeschäfte, der Apotheke und der Drogerie durchaus auch den einen oder andern Facharzt, eine Physiotherapie, vielleicht auch ästhetische Medizin oder sogar ein kleines Center für ambulante Operationen vorstellen. Platz und freie Mietflächen gebe es genug – gerade im Attikageschoss. «Die Klimatisierung, das Layout und die Serviceangebote der Mall bieten sicher auch in technischer Hinsicht ein ideales Umfeld.»
Wengeler hält auch Synergien für Arztpraxen denkbar – auch im Kontext der
MedCenter Gruppe und der Gruppenpraxis im Erdgeschoss. Denn die Unternehmensgruppe biete mit der MedCenter Advisory auch Serviceleistungen für Arztpraxen von Beratung über Buchhaltungs- und Backoffice-Leistungen bis zum IT-Support oder der Beschaffung von medizinischer Infrastruktur mit Flottenrabatten.
Hilft, ambulante Leistungen voranzutreiben
Das Konzept der Medical Mall dient aber nicht nur, mehr Kunden zu gewinnen und das Notwendige mit dem Angenehmen zu verbinden. In der Diskussion um «ambulant vor stationär» kann ein solches Medizin-Cluster gleichzeitig ambulante Leistungen vorantreiben. Als günstige effiziente Alternative dürfte es zudem vielleicht auch die Behandlungen in teuren Notfallstationen etwas abfedern.
Gerade in einer Zeit, wo landauf, landab neue Spitäler, Klinikareale oder Ambulatorien entstehen, tun Spital- und Praxisplaner gut daran, das Modell der Medical Mall mit Einkaufsmöglichkeiten und Freizeitanlagen stets in ihrer Konzeption zu berücksichtigen.