«Lasst euch impfen, egal womit»

Eine Ärztin klagt über «Impf-Neid» unter Mitarbeitenden, schreibt über das Astrazeneca-Vakzin und lässt auch sonst ihrem Frust freien Lauf.

, 26. Februar 2021 um 09:57
image
  • coronavirus
  • impfung
  • ärzte
Wie sieht der Alltag einer Ärztin oder eines Arztes aus, die oder der Impfungen für die Mitarbeitenden in einem Spital plant und organisiert? Kurz: Es sei ein «organisatorischer Albtraum», schreibt eine anonyme Ärztin aus Deutschland in einem persönlichen Beitrag auf der Plattform «Doccheck». 
Sie berichtet von Anfeindungen und Vorwürfen, warum dieser oder jener schon geimpft sei und man selbst nicht. «Der Neid und die Wut wachsen». Warum denn jetzt der Lernende oder die Reinigungskraft geimpft seien, fragen sich Angestellte. Hätten sich mehr Mitarbeitende im Dezember zur Impfung angemeldet, hätte sie mehr Impfstoff bestellen können, kontert sie gleichzeitig.

Viele warten auf «besseren» Impfstoff

Andere Ärzte oder Mitarbeitende aus der Pflege wiederum wollen nicht mit dem Astrazeneca-Impfstoff gepikst werden, sondern warten ihr zufolge lieber «auf etwas Besseres». Am Anfang habe sie die vermeintlich schlechtere Wirksamkeit auch sauer gemacht. Nach der Analyse der Primärdaten habe sie ihre Meinung allerdings geändert. 
Das «unreflektierte Nachplappern» von Aussagen der Presse und «selbsternannten Experten», mache es schwer, ihre Kollegen von der Impfung zu überzeugen, schreibt sie weiter. Bis Ostern könnte sie jedem mit Patientenkontakt die erste Dosis Astrazeneca geben. Auf einen «besseren» Impfstoff zu warten, koste nur wertvolle Zeit, um einen Schutz aufzubauen.

Auch nach der Impfung ändere sich erstmal nichts

Die Ärztin aus Deutschland schreibt ferner über falsche Erwartungen, die das Ganze erschweren würden. Es werde suggeriert, dass man nach der Impfung keine Masken mehr brauche und reisen könne, da man sich nicht mehr anstecken könne. «Das ist leider nicht der Fall und auch ich habe diese Enttäuschung gespürt», stellt sie fest. Fazit: Es ändere sich erstmal nichts.
Inzwischen träumt die Ärztin von Impfungen, von Terminplänen und Diskussionen. Sie merkt, dass ihre Energie aufgebraucht sei. «Ich bin eine Telefonnummer, die man anrufen kann und ich bekomme den Frust zu spüren», schreibt sie weiter. Und es falle ihr zunehmend schwer, sachlich und neutral zu argumentieren. 

«Alle schützen euch vor einem Schlauch im Hals»

Am Ende des Beitrags spricht sie Klartext: «Nehmt, was euch als Impfstoff angeboten wird. Alle schützen euch vor einem Schlauch im Hals, oder unter der Erde zu landen.» Und ein «Mutanten-Update» werde bestimmt Ende des Jahres kommen – und dann sei der Hersteller auch egal. «Lasst euch impfen, egal womit. Danke.»

  • Impf-Neid unter Ärzten: «Die Wut wächst»

Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Hohe Ehre für USZ-Rheumatologen in Deutschland

Oliver Distler holt den Carol-Nachman-Preis. Sein Bruder auch.

image

Ärztemangel: Bern drohen weitere Versorgungsengpässe

Auch Fachgebiete wie die Endokrinologie, Gynäkologie und Rheumatologie sind zunehmend betroffen. Das zeigen aktuelle Zahlen der Ärztegesellschaft des Kantons Bern.

image

SAMW: Drei neue Ehrenmitglieder

Der Senat wählte zudem Arnaud Perrier zum neuen Präsidenten der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften.

image

Aargauischer Ärzteverband: Neuer Präsident

Der Nachfolger von Jürg Lareida heisst Thomas Ernst.

image

Das sind die SGAIM-Preisträger

Die Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin hat fünf Projekte mit Fokus «Sonografie» ausgezeichnet.

image

Hausarzt wehrt sich gegen Klima-Behauptungen

Ein Zeitungsartikel suggeriert, dass wir uns zwischen Gesundheit und Klimaschutz entscheiden müssten. Ein Arzt aus dem Emmental widerspricht.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.