Krankenversicherung: Kantone gegen die Interessen der Bürger
Die Kantone wollen die einheitliche Finanzierung nur, wenn sie ihre Planwirtschaft vom stationären auf den ambulanten Sektor ausbauen dürfen. Besser wäre die Übergabe der Kassenaufsicht vom BAG an die Stiftung «Gemeinsame Einrichtung KVG» mit einer angemessenen Vertretung der Kantone im Stiftungsrat
, 2. Juli 2019 um 17:12
Die Forderungen der Kantone kritisch hinterfragen
- «Steuerung des ambulanten Sektors: Wenn die Kantone den stark mitwachsenden ambulanten Sektor mitfinanzieren, müssen sie gemäss dem Prinzip der fiskalischen Äquivalenz bei einem Überangebot auch intervenieren können.» Warum nur bei einem «Überangebot»? Ja, die fiskalische Äquivalenz bedeutet: «Wer zahlt, befiehlt». Und bezahlen tun weder die Kantone noch die Kassen, sondern wir Bürger. Als Bürger finde ich nicht, dass die Kantonsregierungen in Sachen EFAS meine Interessen vertreten. Im stationären Bereich steuern die Kantone bereits und wir Bürger wissen, dass die kantonalen Spitalplanungen eher die Strukturerhaltung als den Wettbewerb der Spitäler um Effizienz und Qualität fördern. Fairerweise muss ich eingestehen, dass das auch nicht einfach ist, weil wir Bürger einerseits über steigende Krankenkassenprämien jammern, andererseits auch gegen Spitalschliessungen sind. Dass alles besser wird, wenn die Kantone auch noch die ambulante Medizin planen, ist zu bezweifeln, dass mit staatlicher Vollplanung alles noch teurer wird, ist zu befürchten.
- «Einbezug der Pflegeleistungen: Nur wenn neben den stationären und ambulanten Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) auch die Pflegeleistungen (Pflegeheime und Spitex) einbezogen werden, kann eine Stabilisierung der steuer- und prämienfinanzierten Finanzierungsanteile an den OKP-Leistungen erreicht werden.» Das kann man in einem zweiten Schritt machen, wenn man im ersten die Akutmedizin einheitlich finanziert und entsprechende Erfahrungen gesammelt hat. Dann muss man aber die medizinischen von den Betreuungsleistungen trennen, denn gemäss KVG sind medizinische Leistungen versichert. Besser wäre es, für die Kosten der Langzeitpflege eine Pflegeversicherung zu schaffen oder die Langzeitpflege in die 2. Säule zu integrieren.
- «Kostenneutraler Übergang für jeden Kanton: Der Übergang zur einheitlichen Finanzierung muss sowohl für die Gesamtheit der Kantone als auch für jeden Kanton einzeln kostenneutral sein.» Das ist selbstverständlich und ist bei der 2012 in Kraft gesetzten neuen Spitalfinanzierung auch so gemacht worden.
- «Gesetzlich vorgeschriebene nationale Tariforganisationen: Die Bildung einer adäquaten tripartiten Tariforganisation (Leistungserbringer, Krankenversicherer, Kantone) für ambulante Tarife und auch Pflegeleistungen soll gesetzlich vorgeschrieben werden. Nicht nur die Anzahl Leistungserbringer und Behandlungen, sondern auch die Tarifstrukturen (und die Preise) beeinflussen das Leistungsvolumen im ambulanten Bereich massgeblich.» Das wäre dann ein weiteres Element staatlicher Planwirtschaft und nicht im Interesse von uns Bürgern, denn das KVG schreibt seit 1996 vor, dass die Kassen nur wirksame, zweckmässige und wirtschaftliche Medizin vergüten dürfen. Ebenso sieht das KVG Wettbewerb unter den Kassen vor. Je mehr reguliert und vereinheitlicht wird, desto kleiner wird der wettbewerbliche Spielraum für die Kassen und desto teurer die medizinische Versorgung.
- «Bestimmungen zur Transparenz über die Rechnungskontrolle: In der Vorlage fehlt eine präzise festgeschriebene Kontrollmöglichkeit für die Kantone in Bezug auf die korrekte Abrechnung von ambulanten Leistungen für die Kantonsbevölkerung.» Die Rechnungskontrolle ist das Kerngeschäft der Krankenkassen. Und die Kassen werden vom BAG streng beaufsichtigt. Darauf sollten sich auch die Kantone verlassen. Damit die «Kantonsbevölkerung» stationäre und ambulante Rechnungen überhaupt kontrollieren kann, müssen diese Rechnungen bzw. die dahintersteckenden Tarifsysteme überhaupt verständlich sein. Und noch besser wäre es, wenn jeder Patient nach jedem Leistungsbezug beim Arzt, beim Apotheker, im Spital etc. einen Arbeitsrapport zu Handen seiner Krankenkasse unterschreiben müsste. So könnten die Kassen nicht nur kontrollieren, ob die Leistungen auf der Rechnung gemäss KVG Pflichtleistungen sind, sondern auch, ob die Leistungen auf der Rechnung überhaupt erbracht worden sind.
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