Ist es verboten, dass der Chefarzt eine Affäre mit der Assistenzärztin hat?

Der amerikanische McDonald’s-Chef musste seinen Posten räumen, weil er eine Affäre mit einer Mitarbeiterin hatte. Was tun Schweizer Spitäler, wenn sich der Chefarzt in eine Assistenzärztin verliebt?

, 20. November 2019 um 05:00
image
Verliebt in den Chef oder in die Chefin: Das kommt immer wieder vor. Auch in Spitälern. Doch ist das überhaupt erlaubt? In Amerika hatte ein Techtelmechtel zwischen dem Geschäftsführer des Fast-Food-Unternehmens McDonald’s und einer Mitarbeiterin harte Konsequenzen: Der Chef musste gehen. Denn bei McDonald’s müssen Liebesverhältnisse zwischen Mitarbeitenden verschiedener Hierarchiestufen vermieden oder zumindest den Vorgesetzten gemeldet werden.
Auch in der Schweiz gab es vor kurzem einen Fall: Als bekannt wurde, dass Swiss-Life-Chef Markus Leibundgut und seine Stabchefin ein Liebespaar sind, musste die Frau das Unternehmen verlassen. Arbeitgeber können zwar nicht jegliche Beziehungen am Arbeitsplatz verbieten. Denn grundsätzlich ist eine Liebesbeziehung unter Mitarbeitern Privatsache, solange die Arbeitsleistung nicht beeinträchtigt wird.

Von der Affäre mit dem Chef könnten Angestellte profitieren

Anders sieht es jedoch aus, wenn Vorgesetzte ein Verhältnis mit einer Person eingehen, die ihnen unterstellt ist. Der Chef oder die Chefin könnte dann seine Führungsposition ausnützen. Oder umgekehrt: Die unterstellte Person könnte vom Verhältnis mit der Chefin oder dem Chef profitieren. Was passiert also in Schweizer Spitälern, wenn sich die Ärztin und der Pflegefachmann ineinander verlieben. Oder der Chefarzt in die Assistenzärztin?
«Die Wahrscheinlichkeit, dass sich in der Insel-Gruppe mit ihren 11 000 Mitarbeitenden Menschen bei der Arbeit kennen lernen, ist relativ hoch», räumt Insel-Sprecher Alex Josty gegenüber Medinside ein. Grundsätzlich sei dies kein Problem, solange Professionalität gewahrt und das Arbeitsklima nicht beeinträchtigt werde.

Partner brauchen eine Bewilligung von der Direktion

«Herausfordernd könnte es aber werden, wenn die Personen in einer direkten Führungslinie zu einander stehen oder wenn vertrauliches Wissen vom Arbeitsplatz ausgetauscht werden könnte», fügt er hinzu.
In der Insel-Gruppe gibt es deshalb eine Regelung: Wenn Ehegatten, Lebenspartner, Eltern, Kinder, Geschwister und Personen, die im gleichen Haushalt wohnen, in einer direkten Führungslinie angestellt werden, braucht es eine Bewilligung von der Direktion Personal. Nicht geregelt ist allerdings, was geschieht, wenn sich Chefs und Untergebene erst nach der Anstellung näherkommen. «Sofern wir davon erfahren, würde die Situation individuell beurteilt», beantwortet Alex Josty die entsprechende Frage von Medinside.

Beziehungen offenlegen und Gerüchte vermeiden

Auch das Universitätsspital Zürich (USZ) hat eine «Weisung zur Anstellung und Beschäftigung von verwandten und verschwägerten Personen sowie von Lebenspartnern». Bei direkten Unterstellungsverhältnissen sollten familiäre und partnerschaftliche Beziehungen offengelegt werden. «Damit sollen Gerüchte zu vermieden sowie persönliche und geschäftliche Interessen auseinandergehalten werden», sagt die USZ-Sprecherin Barbara Beccaro.
Ähnlich regelt das Genfer Universitätsspital (HUG) Paarbeziehungen am Arbeitsplatz. Im Personalreglement heisst es, Paare und Verwandte sollen nach Möglichkeit nicht so eingesetzt werden, dass eine Person der anderen unterstellt wäre. In der Praxis vermeidet es das HUG sogar generell, Paare ins gleiche Team einzuteilen, selbst wenn sie nicht unterschiedlichen Hierarchiestufen angehören.

LUKS hat keine Regelung, würde aber für eine Lösung sorgen

Bisher ohne Regelung ausgekommen ist hingegen das Luzerner Kantonsspital (LUKS). Dort kommt es zwar unter den 7000 Mitarbeitenden immer wieder zu Liebesbeziehungen. Doch explizite Richtlinien dazu gibt es laut Sprecherin Angela Lörtscher nicht. Sie betont jedoch: «Bei allfälligen Interessenskonflikten stehen wir mit Lösungen – zum Beispiel mit Gesprächen oder einer Umplatzierung – zur Verfügung.»

In Spitälern geht oft «ziemlich flirty zu- und her»

Dass es in Spitälern häufig funkt zwischen Paaren und es zum Teil «ziemlich flirty zu- und hergeht», hat Medinside an dieser Stelle bereits einmal thematisiert. Eine Oberärztin räumte dabei ein, dass sich etwa in der Chirurgie eine Position als Oberärztin ausnützen liesse, weil es dort darum gehe, wer operieren dürfe.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Nierensteine: Berner Studie bringt Standardtherapie ins Wanken

Der harntreibende Wirkstoff Hydrochlorothiazid schneidet nicht besser ab als Placebo. Dies zeigt eine Studie von Forschern um Daniel Fuster vom Berner Inselspital.

image

Neuer Leitender Arzt für die Spitäler Schaffhausen

Der Radiologe Wolfgang K. E. Schill wechselt vom Kantonsspital Münsterlingen nach Schaffhausen.

image

Berner Forschungszentrum für Medizin wird teurer

Das neue Forschungs- und Ausbildungszentrum Medizin auf dem Berner Inselareal kostet jetzt 95 Millionen Franken mehr als ursprünglich erwartet. Das sind die Gründe.

image

Trotz Verbot praktiziert verurteilter Arzt weiter

Ein Schweizer Gericht hat gegen einen Arzt ein lebenslanges Berufsverbot verhängt, direkter Patientenkontakt ist ihm untersagt. Nun ist der Hausarzt wieder im Nachbarland aktiv.

image

Die Hausärzte im Kanton Bern rebellieren

Eine Gruppe von Ärztinnen und Ärzten aus dem Emmental und Oberaargau lehnt sich gegen den Ärztemangel auf.

image

Kantonsspital kauft Aktien einer Digital-Plattform

Was Medinside vor einer Woche angekündet hat, ist nun geschehen: Das erste öffentliche Spital steigt bei «Compassana» ein.

Vom gleichen Autor

image

Ein wegweisendes Urteil für Krankenversicherer: Bahn haftet

Eine Krankenkasse kann von einem Bahnunternehmen die Heilungskosten zurückverlangen, wenn ein Fahrgast unverschuldet gestürzt ist.

image

Der Fehltritt einer KPT-Firma: Vermittler hinterging Neukunden

Die neue Vermittlungsfirma der KPT-Krankenkasse nutzte unlautere Methoden, um neue Versicherte zu gewinnen.

image

Auch für Pflege zuhause gelten Ruhezeiten

Keine Chance für einen SVP-Vorstoss, das Arbeitsgesetz für Betreuung und Pflege zuhause aufzulockern: Der Bundesrat blieb hart.