Internetberatung senkt Suizidrisiko von Medizinern

Ärzte mit Depressionen oder Suizidgedanken sollten sich über ein webbasiertes Trainingsprogramm Hilfe holen. Eine neue Studie zeigt, dass sich damit das Suizidrisiko deutlich verringert.

, 24. November 2015 um 09:23
image
  • ärzte
  • arbeitswelt
Hohe Präsenzzeit, wenig Prestige, Forderungen von Patienten und Vorgesetzten sowie die ständige Angst, einen Fehler zu machen - die ersten Berufsjahre von Medizinern gelten als die stressigsten. Viele fühlen sich am Anfang der klinischen Arbeit überfordert. 
Die Folge können Depressionen sein, die nicht selten zum Suizid führen. Die American Foundation for Suicide Prevention schätzt, dass sich in den USA im Durchschnitt jeden Tag ein Mediziner das Leben nimmt. 

Nur noch halb so häufig Suizidgedanken

Nun hat eine webbasierte Verhaltenstherapie zur Suizidprävention Nachwuchsärzten in den USA geholfen, dem Stress in den ersten Monaten ihrer Ausbildung besser standzuhalten. Die Mediziner können das Programm jederzeit absolvieren, ohne dass die Vorgesetzten davon Kenntnis erhalten. 
Wissenschaftler der Universität von Michigan Ann Arbor und der Medical University of South Carolina haben die Form der Internetberatung in einer randomisierten klinischen Studie untersucht. 199 angehende Ärzte in zwei Universitätsspitälern nahmen an der Untersuchung teil.

Trainingsprogramm auch auf Deutsch

Gemäss den Ergebnissen äusserten die Mediziner nur noch halb so häufig Suizidgedanken, nachdem sie das Programm absolviert hatten. «Die Studie zeigt, dass eine freies, leicht verfügbares und verständliches webbasiertes Programm das Suizidrisiko bei Nachwuchsärzten reduziert», sagt Studienautor Srijan Sen in einer Mitteilung, «es kann ein bemerkenswert effektives Mittel zur Prävention sein».
Das Trainingsprogramm heisst «MoodGYM» und wurde von Forschern des australischen National Institute for Mental Health Research entwickelt. Es basiert auf den Prinzipien der kognitiven Verhaltenstherapie und wurde an der Universität Leipzig für die deutsche Sprache adaptiert.
Studie
«Web-Based Cognitive Behavioral Therapy Intervention for the Prevention of Suicidal Ideation in Medical Interns», Constance Guille, MD; Zhuo Zhao, MS; John Krystal, MD; Breck Nichols, MD, Kathleen Brady, MD, PhD; Srijan Sen, MD, PhD / JAMA Psychiatry, November 2015
  • Internetberatung «MoodGYM» auf Deutsch
  • Internetberatung «MoodGYM» auf Englisch

Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Sinkende Impfbereitschaft beim Gesundheits-Personal – ein Backlash?

Impf-Experte Christoph Berger bemerkt, dass die Impfquote bei den Spitalangestellten wieder sinkt. Und hat einen Verdacht.

image

Bilden Sie sich mit aktuellem Wissen in der Suizidprävention weiter

Ziel des neuen CAS Suizidprävention am Departement Gesundheit der ZHAW ist es, Suizidgedanken frühzeitig zu erkennen und Interventionen einzuleiten. Teilnehmende lernen dies in interprofessioneller Weiterbildung mit Fachpersonen aus Gesundheits-, Bildungs- und Sozialberufen.

image

Ehemaliger HUG-Chefarzt und Covid-Experte wechselt zu Privatspital

Jérôme Pugin wurde in Genf bekannt als Intensivmediziner und Symbolfigur im Kampf gegen Covid. Nun wird er medizinischer Direktor des Hôpital de La Tour.

image

Bundesrat regelt das militärische Gesundheitswesen

Bisher fehlten in der Schweiz spezielle Regeln für das militärische Gesundheitswesen. Nun will der Bundesrat diese Lücke füllen.

image

Hohe Auszeichnung für CHUV-Forscher

George Coukos wurde in die U.S. National Academy of Medicine für Krebsforschung gewählt.

image

Ex-BAG-Vizedirektor rügt hohe Kosten der Spezialärzte

Die Schweiz sei ein Paradies für Spezialarzt-Behandlungen, sagt der ehemalige BAG-Vize Oliver Peters. Weil es keine Kostenkontrolle gebe.

Vom gleichen Autor

image

Pflege: Zu wenig Zeit für Patienten, zu viele Überstunden

Eine Umfrage des Pflegeberufsverbands SBK legt Schwachpunkte im Pflegealltag offen, die auch Risiken für die Patientensicherheit bergen.

image

Spital Frutigen: Personeller Aderlass in der Gynäkologie

Gleich zwei leitende Gynäkologen verlassen nach kurzer Zeit das Spital.

image

Spitalfinanzierung erhält gute Noten

Der Bundesrat zieht eine positive Bilanz der neuen Spitalfinanzierung. «Ein paar Schwachstellen» hat er dennoch ausgemacht.