Intensivmediziner wollen an der 50-Stundenwoche rütteln

Die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) fordert, die Arbeitszeitenkontrolle für Intensivmediziner abzuschaffen. Patientenschützer kritisieren den Vorschlag scharf.

, 21. Januar 2019 um 09:42
image
  • ärzte
  • arbeitswelt
  • spital
  • intensivmedizin
  • patientensicherheit
Ärzte auf der Intensivstation in Schweizer Spitälern sollen sich nicht mehr an die maximal zulässige Arbeitszeit pro Woche halten müssen. Dies fordert die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI), wie der «Blick» berichtet. Die Zeitung beruft sich auf die Vernehmlassungsantwort der SGI zur geplanten Änderung des Arbeitsgesetzes, die dem Blatt vorliegt.
Während das Arbeitsgesetz heute eine Höchstarbeitszeit von 50 Stunden pro Woche vorschreibt, wollen die Intensivmediziner dem Bericht zufolge längere Arbeitszeiten ermöglichen. Der Grund liegt unter anderem darin, Fehlerquellen bei der Übergabe von Patienten zwischen verschiedenen Assistenz- und Oberärzten zu vermeiden.
«Wegen der strengen Anwendung des Arbeitsgesetzes können die Assistenz- und Oberärzte die Kontinuität der Patientenversorgung heute nicht gewährleisten», sagt SGI-Präsident Thierry Fumeaux gegenüber der Zeitung. Neben der Patientenversorgung leide auch die Qualität der Ausbildung unter dieser Zersplitterung der Arbeit.

Patientensicherheit gefährdet?

Doch Fumeaux verhehlt nicht, dass es zum Schluss auch ums Geld geht: «Um das Arbeitsgesetz einhalten zu können, braucht es immer mehr Assistenzärzte», sagt er weiter. Und dies bedeutetet höhere Kosten. Auch deshalb habe die SGI den Vorschlag zur Lockerung des Arbeitsgesetzes in den Raum gestellt. 
Patientenschützer kritisieren den Vorschlag scharf. Sie befürchten die Gefährdung der Sicherheit von Patienten, wenn Ruhezeiten nicht eingehalten würden. Bereits heute überschreiten Ärzte häufig die gesetzlich vorgeschriebene Maximalarbeitszeit pro Woche. Dies zeigt eine Umfrage des Verbands Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte aus dem Jahr 2017. Im Schnitt kommen diese bei einem Vollzeitpensum auf fast 56 Stunden pro Woche.
Thierry Fumeaux beurteilt dies anders: «Untersuchungen haben gezeigt, dass sich die Patientensicherheit nicht automatisch erhöht, wenn das medizinische Personal weniger arbeitet», sagt der Chefarzt der Spitalgruppe L'Ouest Lémanique aus Nyon. Die Debatte um die Arbeitszeiten basiere viel zu stark auf subjektiven Eindrücken statt auf objektiven Beweisen. 
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Knall beim Kantonsspital Winterthur

Gleich zwei Schlüsselfiguren verlassen das KSW per Frühling 2024: CEO Hansjörg Lehmann und Chief Nursing Officer (CNO) Susanna Oechslin gehen.

image

Ab morgen gilt das neue Datenschutzgesetz!

Am 1. September 2023 tritt das revidierte Datenschutzgesetz in Kraft. Was dieses für Arztpraxen und Spitäler bedeutet, erklärt der Anwalt und Datenschutzexperte David Vasella im Interview.

image

Was darf ein zusätzliches Lebensjahr kosten?

Für hochinnovative Medikamente müssen teils astronomische Summen bezahlt werden. Zugleich warten wir oft viel länger auf die Zulassung als unsere europäischen Nachbarn.

image

Hier drohen die gefährlichsten Fehldiagnosen

Gut zu wissen fürs Vermeiden von Fehlern: Es gibt fünf Erkrankungen, bei welchen falsche Diagnosen besonders schwere Folgen haben.

image

Diese fünf Behandlungen sollten sich Spitäler sparen

Keine vorbeugenden Antibiotika und keine Schlafmittel-Rezepte für zuhause: Das sind zwei von fünf neuen Empfehlungen für Spital-Ärzte.

image

Viele Ärzte wollen 100 Prozent geben – und geben bereits 150

Besonders die guten Mediziner sind davon betroffen: Sie arbeiten sehr gut. Und sind trotzdem immer überzeugt, es sei zu wenig.

Vom gleichen Autor

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum Medizinstudierende im Studium ihre Empathie verlieren

Im Laufe eines Studiums nimmt offenbar das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten ab. Dies zeigt eine neue Studie.

image

Berner Arzt hat Aufklärungspflicht doch nicht verletzt

Im Fall einer Nasen-OP mit Komplikationen verneint das Bundesgericht eine Pflichtverletzung eines Berner HNO-Arztes. Die Vorinstanzen haben noch anders entschieden.