Eigentlich ist es ja erstaunlich: Im Gesundheitswesen sind so viele Details durchreguliert wie in kaum einer anderen Branche. Doch zugleich haben die Patienten tausende und abertausende Gesundheits-Apps zur Auswahl, die ihr medizinisches Verhalten, ihre Fitness, ihren Lebensstil und schlicht auch ihre Gesundheit beeinflussen – und hier herrscht der totale Wildwuchs.
In den App-Stores von Apple und Google finden sich über 110'000 Apps, die in den Bereich Health und Fitness oder Medizin zählen; davon etwa 10'000 spezifisch für den deutschen Sprachraum.
Das Prinzip Eigenverantwortung
Zwar wird der Markt der Medizin-Apps (theoretisch) auch von Swissmedic überwacht, aber besonders aktiv ist diese Kontrolle nicht. Die Behörde reagiere einfach auf Hinweise und «wo die Sicherheit von Patienten, Anwendern oder Dritten besonders gefährdet ist», sagte ein Swissmedic-Sprecher
dazu zum «Tages-Anzeiger».
Da gilt also das Prinzip Eigenverantwortung: Patienten und das Gesundheitspersonal müssen selber prüfen, wie sie ihre Gesundheit (beziehungsweise jene der App-Anwender) digital steuern.
Ausschnitt aus einem Healthon-Testbericht (Screenshots Healthon)
Aber wie das? Das fragen sich selbst Profis. Doch dazu gibt es jetzt ein überzeugendes Hilfsmittel, das hierzulande noch kaum beachtet wurde:
Healthon. Die Testdatenbank wurde bereits 2011 von der Pharmazeutin Ursula Kramer in Freiburg im Breisgau gestartet; heute ist sie laut eigenen Angaben die grösste unabhängige Plattform für Gesundheits-Apps in Europa. Jetzt, vor wenigen Wochen, hat sie die Zahl von 500 getesteten Apps überschritten.
Das Interessante daran: Sowohl Nutzer als auch Entwickler können hier Apps testen und die Beurteilungen veröffentlichen. Das mag auf den ersten Blick irritieren, aber wer Sites wie Tripadvisor und Wikipedia nutzt (oder vielleicht auch die gängigen Spitalbewertungs-Portale), der weiss ja, dass die Urteile der anonymen Nutzer ihre Qualitäten haben.
Per App Patienten erreichen
Nicht nur wegen ihrer Grösse, sondern auch wegen der differenzierten Einblicke lässt sich Healthon empfehlen. Das Angebot ist nach Einsatzgebieten geordnet (etwa «Schmerz», «Diabetes», «Blutdruck», «Pollen»). Und dann erhält man zu jeder beurteilten App Informationen über Anwendungsgebiete, Hersteller, Datensicherheit – sowie ein Urteil über die Vertrauenswürdigkeit.
Ursula Kramer, der Gründerin, geht es offenbar stark darum, die Ärzte beim Einsatz von Apps zu unterstützen. Insbesondere im Bereich der Prävention fehle im ärztlichen Alltag oft die Zeit – während Apps hier gute Hilfsmittel seien. «Früher hat man die Patienten nur schwer erreicht, das ist heute mit einer gutgemachten App einfacher», sagte Kramer gegenüber der deutschen
«Ärztezeitung».
Und auf der anderen Seite bleibe die Qualität vieler Apps noch weit unter den Möglichkeiten.