Gesundheitskosten: Santésuisse meldet starkes Wachstum

Verantwortlich sei vor allem die Entwicklung bei Arztpraxen und ambulanten Spital-Behandlungen. Damit äussert der Kassenverband auch einen weiteren Kommentar zur Tarmed-Revision.

, 18. Mai 2016 um 05:53
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Die Kosten der obligatorischen Krankenversicherung lagen in den ersten drei Monaten 2016 um 3,8 Prozent höher als im ersten Quartal des Vorjahres: Dies teilt der Kassenverband Santésuisse mit. Damit wäre der Zuwachs, wenn er sich so fortsetzt, höher als die Prognose – beispielsweise jene der Konjunkturforschungsstelle der ETH; diese erwartet ein Wachstum von 3,5 Prozent fürs Gesamtjahr 2016.
Die Kurve kann sich natürlich noch abflachen – Santésuisse erinnert in der Mitteilung selber daran, dass saisonale Aspekte wie die Grippezeit hier ebenfalls hineinspielen. Aber klar sei auch: «Wenn die Gesundheitskosten im laufenden Jahr dem Trend folgen, werden auch die Prämien für 2017 entsprechend höher ausfallen.»

Konsolidierung bei Spitalkosten

Als Haupttreiber für die kletternden Gesundheitskosten nennt der Verband die Kosten ambulanter Behandlungen im Spital sowie von Arztpraxen.
In Zahlen: Bei den Arztleistungen verbucht die Santésuisse-Statistik im ersten Quartal ein Plus von 4,0 Prozent. Die Rechnungen summierten sich hier auf 1,8 Milliarden Franken.
Bei den ambulanten Spitalbehandlungen habe sich das Kostenwachstum auf 6,9 Prozent beschleunigt, die Summe erreichte 1,4 Milliarden Franken.
Ein leichter Rückgang ergab sich bei stationären Spitalfällen: Er betrug –0,7 Prozent. Die Erklärung: Mehrere Kantone haben ihren Anteil der Fallpauschalen-Vergütung wie vorgesehen erhöht, womit sich ein Teil der Prämien zum Steuerzahler verlagerte.
Bemerkenswert zudem das Wachstum der Kosten für die Physiotherapie – sie lagen im ersten Quartal um 10 Prozent höher als im ersten Quartal 2015. «Diese Entwicklung ist seit drei Jahren zu beobachten», argumentiert Santésuisse: «Die Zahl der Physiotherapeuten nimmt laufend zu. Dieser Faktor führt zu einer Mengenausweitung im Gesundheitswesen.»
Die Spitex-Leistungen wuchsen um 8,2 Prozent. Die Ausgaben für die Pflegeheime wuchsen indes mit 0,5 Prozent moderat.
Überdurchschnittlich wiederum die Mehrkosten, welche die Grundversicherung bei den Apotheken berappen mussten: Das Plus betrug 5,5 Prozent und erreichte 957 Millionen Franken. 
«Das Kostenwachstum bleibt ungebremst», kommentiert Santésuisse-Direktorin Verena Nold: «Es werden immer mehr Leistungen verrechnet. Wir fordern die Verbände der Leistungserbringer auf, sich in den Tarifverhandlungen ernsthaft für bezahlbare Tarife einzusetzen.» Eine Dämpfung des Kostenwachstums sei anders nicht möglich.

Ein Plus von 3 Milliarden?

Im Hintergrund stehen auch die laufenden Verhandlungen um die Tarmed-Revision. Bezeichnend wohl, dass Santésuisse die Quartalszahlen gerade jetzt veröffentlicht – eine Mühe, die sich der Verband in den Vorjahren nicht gemacht hatte. Mitte April hatte sich Santésuisse bekanntlich offen gegen die aufgegleisten Lösungen gestellt und eine umgehende Kurskorrektur gefordert. Der Verband rechnet durch die «Tarvision»-Pläne mit massiven Mehrkosten – wobei er jetzt sogar die Summe von drei Milliarden nennt, welche die neue Tarifstruktur auslesen könnte. 

  • Bild: Pixabay CC

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