Geriatrie: «Eindrückliche Auswirkungen»

Persönliche Gesundheitsberatung verbessert die Gesundheit und die Lebenserwartung älterer Menschen. Dies zeigt eine neue internationale Studie unter der Leitung der Universität Bern und des Inselspitals.

, 20. Oktober 2015 um 12:11
image
  • forschung
  • geriatrie
  • insel gruppe
  • spitex
In mehreren Ländern wie den USA existieren präventive Programme, um ältere Menschen in ihrer Gesundheit zu unterstützen. Über deren langfristigen Nutzen war aber bislang wenig bekannt. Hier setzt eine internationale Studie an, die in Bern, Hamburg und London durchgeführt wurde. 
Der Schweizer Teil war über acht Jahre angelegt und entstand gemeinsam mit der Spitex. «Wir konnten zeigen, dass mit einer persönlichen und mehrstufigen Beratung die Gesundheit älterer Menschen deutlich gesteigert wird», sagt Andreas Stuck von der Forschungsgruppe Geriatrie der Universität Bern und der Geriatrischen Universitätsklinik des Inselspitals

2000 Probanden

In der Studie wurden mehr als 2000 über 65-jährige, selbständig zu Hause lebende Personen in zwei Gruppen unterteilt: Die Vergleichsgruppe erhielt die übliche medizinische Betreuung, die Interventionsgruppe zusätzlich eine persönliche Gesundheitsberatung durch eine speziell ausgebildete Pflegefachfrau. 
Die Studie zeigte deutliche Unterschiede zwischen der Interventionsgruppe und der Vergleichsgruppe. So waren Personen in der Interventionsgruppe nach zwei Jahren körperlich aktiver, hatten eine ausgewogenere Ernährung, und auch eine umfassendere persönliche Gesundheitsvorsorge.

Höhere Lebenserwartung

«Nach acht Jahren zeigten sich eindrückliche langfristige Auswirkungen auf den Gesundheitszustand», erläutert Andreas Stuck: «Die Lebenserwartung bei Personen der Interventionsgruppe war höher als diejenige der Vergleichsgruppe.» Das Forscherteam berechnete, dass pro 21 Personen, welche die präventive Beratungen erhielten, ein Todesfall vermieden werden kann.

Zusammenarbeit von Hausärzten und Pflegepersonal 

Zentral sei dabei die Zusammenarbeit von Hausärzten mit dem Pflegepersonal: «Nur ein interprofessionelles Behandlungsangebot kann unter diesen Umständen den Bedürfnissen älterer Menschen gerecht werden», sagt Christoph Cina, einer der beteiligten Studienärzte. «Die Studie zeigt auf, wie ein solches Angebot im hausärztlichen Umfeld erfolgreich umgesetzt werden kann.»
Laut den Forschern könne dieses Modell einer modernen Gesundheitsversorgung mit vertretbaren Kosten das Gesundheitsverhalten der Patienten nachhaltig positiv beeinflussen. Als positives Beispiel aus seiner Praxis nennt Cina einen pensionierten Stahlarbeiter, der sich nach der Beratung ein Rudergerät gekauft habe und dieses nach 10 Jahren immer noch täglich benutze.
Stuck AE, Moser A, Morf U, Wirz U, Wyser J, Gillmann G, et al.: Effect of Health Risk Assessment and Counselling on Health Behaviour and Survival in Older People: A Pragmatic Randomised Trial. PLoS Med 12(10): e1001889. doi:10.1371/journal. pmed.1001889
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Einseitige Impfung wirksamer? Studie wirft neues Licht auf Impfstrategien

Eine neue Studie kommt zu überraschenden Ergebnissen: Mehrfachimpfungen im selben Arm bieten einen besseren Schutz.

image

Epilepsie: Neue Folsäure-Empfehlung für Schwangere soll Krebsrisiko senken

Die Schweizerische Epilepsie-Liga empfiehlt, die tägliche Folsäure-Dosis von bisher vier bis fünf auf ein bis drei Milligramm zu reduzieren.

image

Brustkrebs-Screening im Alter birgt Risiko von Überdiagnosen

Eine Studie der Yale Medical School zeigt: Bei Frauen ab 70 Jahren, die eine Mammographien erhielten, wurden häufiger gesundheitlich unbedenkliche Tumore diagnostiziert als bei Frauen, die nicht an der Früherkennung teilnahmen.

image

Aargau will Med- und Health-Tech auf neues Niveau heben

Mit einem Projekt setzen das Kantonsspital Baden, die Stadt Baden und der Kanton Aargau neue Impulse für Innovationen in Medizin und Gesundheitstechnologie.

image

Seltene Krankheiten: «Oft spürt die Mutter, dass etwas nicht in Ordnung ist»

Werden wir dereinst das gesamte Genom des Neugeborenen routinemässig auf Krankheiten untersuchen? In manchen Ländern werde dies bereits getestet, sagt Stoffwechselspezialist Matthias Baumgartner.

image

ETH bekämpft Blasenentzündungen mit Hilfe von Viren

Forschende der ETH Zürich entwickeln neuartige Phagentherapie gegen Antibiotika-Resistenzen bei Blasenentzündungen.

Vom gleichen Autor

image

Pflege: Zu wenig Zeit für Patienten, zu viele Überstunden

Eine Umfrage des Pflegeberufsverbands SBK legt Schwachpunkte im Pflegealltag offen, die auch Risiken für die Patientensicherheit bergen.

image

Spital Frutigen: Personeller Aderlass in der Gynäkologie

Gleich zwei leitende Gynäkologen verlassen nach kurzer Zeit das Spital.

image

Spitalfinanzierung erhält gute Noten

Der Bundesrat zieht eine positive Bilanz der neuen Spitalfinanzierung. «Ein paar Schwachstellen» hat er dennoch ausgemacht.