Erneut steht ein Kanton ohne Kantonsarzt da

Der Kanton Schaffhausen hat keine Kantonsärztin mehr. Inmitten der grössten Gesundheitskrise zeigt sich, wie viel von den Kantonsärzten abverlangt wird.

, 31. August 2020 um 05:54
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Maha Züger, seit 2018 Kantonsärztin im Kanton Schaffhausen, arbeitet seit ein paar Wochen nicht mehr in ihrer Funktion. Dies berichten die «Schaffhauser Nachrichten» und Radio Munot. Das Arbeitsverhältnis mit ihr sei im gegenseitigen Einverständnis aufgelöst worden.
Züger kompensiert aktuell ihre rund 600 Überstunden, welche sich während der Corona-Krise bei ihr angesammelt haben. «Wir haben alle zusammen 12, 14 Stunden gearbeitet und hatten 24 Stunden Erreichbarkeit», sagt Maha Züger gegenüber Radio Munot.

Kanton will auf 100 Prozent aufstocken

Sie hat laut eigenen Angaben dem Kanton bereits Ende des letzten Jahres gesagt, dass ein 30-Prozent-Pensum nicht einmal für das Tagesgeschäft reiche. Die Regierung des Kantons Schaffhausen wollte zudem den kantonsärztlichen Dienst umstrukturieren. Die Idee wäre gewesen, ihn an den Kanton Zürich oder Thurgau zu übertragen. Das scheiterte.
Der Posten von Maha Züger soll nun neu besetzt und das Pensum von 30 auf 100 Prozent erhöht werden. Eine Aufstockung auf 100 Prozent sei für Maha Züger nicht infrage gekommen. Doch auch eine Kantonsarztstelle sei mit 100 Prozent fast nicht zu bewältigen, sagte sie. Aktuell arbeitet der Kanton mit einer Übergangslösung. 

Wird zu viel verlangt?

Erneut ist damit ein Kantonsarztamt während der Corona-Pandemie zwischenzeitlich verwaist. So verliess auch Brian Marti seine Stelle als Zürcher Kantonsarzt im März völlig überraschend. Der «Tages-Anzeiger» schrieb von einem «Burnout-ähnlichen Zusammenbruch». Zudem wurden den beiden Kantonsärztinnen Barbara Grützmacher und Stéphanie Boichat Burdy nach drei Monaten im Amt gekündigt. Grund dafür waren «unterschiedliche Auffassungen in Bezug auf die Führung des Amtes».
Wird von den Kantonsärzten zu viel verlangt, vor allem während einer Krise? Man kann allgemein festhalten, dass eine solche aussergewöhnliche Situation von den Kantonsärzten deutlich mehr abverlange als üblich – punkto Präsenz, Einsatzbereitschaft und Entscheidungsfreude. Dies sagte Rudolf Hauri vor kurzem gegenüber der NZZ
Die Stelle des Kantonsarztes sei kein Beruf, den man erlerne, sondern eine Funktion, in die man hineinwachse und die auch von den politischen Gegebenheiten abhängig sei, so der Präsident der Schweizer Kantonsärzte-Vereinigung weiter. Im Gegensatz zur Arbeit in der Praxis könne ein Kantonsarzt «nicht einfach alleine entscheiden».
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