Berner Arzt als «uneinsichtiger Betrüger» angeprangert

Er ist Allgemein-, Hals-, Nasen-, Ohrenarzt, Schularzt und Vertrauensarzt im Strassenverkehr. Sein Name sollte geheim bleiben. Das Internetportal «Infosperber» nennt ihn trotzdem.

, 21. August 2017 um 16:53
image
  • ärzte
  • visana
  • kpt
  • versicherer
Insgesamt 35’000 Franken verlangte ein Arzt aus Muri bei Bern von der Visana. Er verrechnete Patientenleistungen, die er gar nie vorgenommen hatte. Schuldig gesprochen wurde der Mann wegen gewerbsmässigen betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage sowie wegen mehrfacher Urkundenfälschung. Mediniside berichtete.

Kein direkter Kontakt mit der Visana

Der rechtskräftige Strafbefehl datiert von Ende März 2017. Das Internetportal «Infosperber» hat nun mit dem fehlbaren Arzt gesprochen und seinen Namen veröffentlicht. Autor Urs P. Gasche nennt ihn einen «uneinsichtigen Betrüger.» Bis heute habe der Arzt der Krankenkasse Visana die zu Unrecht verrechneten 35’515 Franken nicht zurückbezahlt. Der Arzt begründet dies gegenüber «Infosperber» damit, dass «leider mit der Visana nicht in einem direkten Kontakt» sehe. Auch würden seinerseits «zur Eintreibung stehende Forderungen bei der Krankenversicherung» bestehen.
Das Internetportal fragte den Arzt zudem: «Falls gleiche oder ähnliche Fehler bei andern Kassen passiert sind: Haben Sie den betroffenen Kassen zu viel verlangte Honorare zurückbezahlt?» Er antwortete mit «Nein». Von Forderungen oder von Strafanzeigen anderer Kassen wisse er nichts.

Auch die KPT zeigte den Arzt an

Anders sieht es die KPT. «Wir beschuldigen den Arzt, dass er die KPT bewusst mit falschen Abrechnungen getäuscht und betrogen hat», erklärt die ehemalige Beamtenkasse gegenüber «Infosperber». Die entsprechende Strafanzeige sei seit Mitte Juli hängig.
Wie «Infosperber» weiter recherchierte, hält der Strafbefehl folgenden Tatbestand fest:
  • Der Arzt verrechnete im Pflegeheim Tarifposten wie «Konsultation» oder «Zuschlag für hausärztliche Leistungen in der Arztpraxis», obschon diese Patientinnen und Patienten nie in seiner Praxis waren.
  • Innerhalb von zwei Jahren verrechnete der Arzt der Visana 330mal die Tarifposition «Instruktion von Selbstmessungen», obwohl die Patienten im Pflegezentrum..... selber keine Messungen durchgeführt haben.»
  • Der Arzt stellte die Tarifposition «Vorbesprechung diagnostischer/therapeutischer Eingriff mit Patienten/Angehörigen» in Rechnung, «obwohl fast nie ein Eingriff durchgeführt wurde oder bevorstand.»
Urs P. Gasche stellt auch der Ärztegesellschaft des Kantons Bern ein schlechtes Zeugnis aus. Sie habe kein Dossier über den bestraften Arzt angelegt und wisse nicht einmal, ob er Mitglied sei.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

In der Schweiz sind 1100 Ärzte mehr tätig

Die Arztzahlen in der Schweiz haben ein neues Rekord-Niveau erreicht: Es gibt nun 41'100 Berufstätige.

image

Der Erfinder des Ledermann-Implantats ist tot

Er war ein bekannter Implantologe, später auch Hotelier und Schriftsteller. Nun ist Philippe Daniel Ledermann 80-jährig gestorben.

image

Thomas Boyer und die vier Hauptprobleme im Gesundheitswesen

Der Chef der Groupe Mutuel prüft den Austritt aus dem Kassenverband Santésuisse.

image

Ärzte in der Krise: Immer mehr suchen Unterstützung

Zu viel Arbeit, Burn-Out, Angst, Selbstzweifel und Depression: Das sind die fünf Hauptgründe für Ärzte und Ärztinnen, sich Hilfe bei der Remed-Hotline zu holen.

image

Berner Zeitungen verletzten Privatsphäre einer Ärztin

Ein Artikel in den Berner Medien enthielt zu viele Details über eine verurteilte Ärztin. Der Pressrat gab deshalb den Universitären Psychiatrischen Diensten Bern (UPD) recht.

image

EPD: Verschnaufpause für Ärztinnen und Ärzte

Die Anschlusspflicht für Ärztinnen und Ärzte ans EPD soll erst mit der grossen Revision eingeführt werden.

Vom gleichen Autor

image

Zu Besuch bei Viktor-Gewinnerin Chantal Britt

Seit vier Jahren leidet die Präsidentin von Long-Covid-Schweiz unter postviralen Beschwerden. Was sie am meisten stört: Dass die Krankheit nicht ernsthaft erforscht wird.

image

Pflegeheim: Welcher Wohnsitz gilt?

Der Nationalrat will, dass Bewohner eines Pflegeheims beim Heimeintritt wählen können, ob sie den Steuersitz verlegen oder den alten behalten können.

image

«Die Tarifpartnerschaft ist nicht ebenbürtig»

Der umstrittene Tarifeingriff in der Physiobranche ist noch nicht in Kraft. Lange will die Gesundheitsministerin aber nicht mehr warten.