«Dr. Google»: Nutzer lesen sich «gesünder»

Eine aktuelle Studie kommt zum Schluss: Das «Googeln» von Medizin-Infos führt bei vielen Menschen zu einer positiveren Wahrnehmung der eigenen Gesundheit.

, 7. März 2016 um 09:50
image
  • google
  • digitalisierung
  • e-health
  • m-health
  • trends
  • ärzte
Für viele Patienten gilt: Google statt Arzt. Sie suchen im Netz nach Ursache und Verlauf ihrer Beschwerden. Dabei lesen sie Krankheiten schön, wie eine aktuelle Studie aus Deutschland zeigt. 
Und zwar vor allem dann, wenn sie nach einer Diagnose eine gesundheitliche Bedrohung erleben, erklären die Forscher des Leibniz-WissenschaftsCampus Tübingen (IWM).

Das ist die Erklärung

Überraschend ist: Je schwerer die Erkrankung, desto zuversichtlicher fühlen sich viele User nach intensiver Internetrecherche in Bezug auf ihre eigene Gesundheit. 
Für die Psychologen führt das Gefühl von Einschränkung und persönlicher Bedrohung – wie es häufig durch eine medizinische Diagnose ausgelöst wird – zu einer einseitigen Informationsauswahl und Verarbeitung.

Blenden negative Texte aus

Menschen unter Bedrohung konzentrieren sich bei ihrer Internetrecherche unbewusst auf positive Informationen und blenden negative aus, so die Wissenschaftler weiter. 
«Um das Gefühl der Bedrohung zu reduzieren, wählen Patienten bei der Informationssuche im Internet mehr positive Links aus und erinnern sich öfter an positive Informationen aus gelesenen Texten», erklärt IWM-Psychologe Kai Sassenberg. 
Erkrankte formen sich den Forschern zufolge so einen verfälschten Eindruck von ihrer eigenen Situation, denn sie übersehen potenzielle negative Verläufe ihrer Krankheit.

Umgang mit (fehl-)informierten Patienten lernen

Da Patienten nach der Internetsuche häufig mit diesem einseitigen Bild zum Arzt zurückkehren, sehen sich Ärzte neuen Herausforderungen gegenüber. In einer Zusammenarbeit mit Dozenten des Universitätsklinikums Tübingen arbeiten die Forscherinnen und Forscher des Leibniz-Instituts für Wissensmedien derzeit im Rahmen des Leibniz-WissenschaftsCampus Tübingen an Unterrichtseinheiten für zukünftige Ärzte. Darin lernen Medizinstudierende den angemessenen Umgang mit (fehl-)informierten Patienten.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Medizinstudium in der Schweiz: Für Deutsche ein Traum

In der Schweiz Medizin studieren: das würden viele Deutsche gerne. Doch die Hürden sind für die meisten zu hoch.

image

Rettung der Daten von Meineimpfungen.ch startet

Bis im Herbst soll unter Federführung des Kantons Aargau eine neue Plattform 300'000 Personen den Bezug ihrer Impfdaten ermöglichen.

image

Warum Chirurgen mehr AC/DC- Musik hören sollten

Ein neuer Radiosender mit künstlicher Intelligenz-Funktion soll angeblich helfen, die chirurgische Genauigkeit und Effizienz zu verbessern.

image

Hausarztpraxiskette in Verruf – eine rechtliche Einordnung von Vergütungen an Arztpraxen

Ein Ziel der Revision des Heilmittelgesetzes (HMG) war, klare Regeln festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Vergütungen an Arztpraxen zulässig sind. Ein aktueller Fall bietet Anschauungsunterricht und zeigt, dass bei Zahlungen an Arztpraxen nach wie vor viele Unklarheiten bestehen.

image

«Die Arbeit wird als immer belastender empfunden»

Die hohen Arbeitszeiten bei Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzten führen dazu, dass sie sich deswegen immer häufiger müde, ausgelaugt und erschöpft führen. Dies zeigt die neueste Befragung des Berufsverbands VSAO.

image

So bekämpft der Kanton Thurgau den Hausarztmangel

Mit finanziellen Anreizen will der Regierungsrat die Versorgungslücke im Bereich der Hausarztmedizin schliessen.

Vom gleichen Autor

image

Warum Medizinstudierende im Studium ihre Empathie verlieren

Im Laufe eines Studiums nimmt offenbar das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten ab. Dies zeigt eine neue Studie.

image

Berner Arzt hat Aufklärungspflicht doch nicht verletzt

Im Fall einer Nasen-OP mit Komplikationen verneint das Bundesgericht eine Pflichtverletzung eines Berner HNO-Arztes. Die Vorinstanzen haben noch anders entschieden.

image

Warum hunderte Pflegekräfte derzeit «Rücktrittsschreiben» verfassen

Eigentlich möchten viele Pflegefachpersonen ihrem Beruf gar nicht den Rücken kehren. Doch das System zwingt sie dazu, wie eine aktuelle Kampagne in den USA exemplarisch zeigt.