Die Klage des betrügerischen Arztes lief ins Leere - Urs P. Gasche muss nicht zahlen

Urs P. Gasche von Infosperber muss dem betrügerischen Arzt aus Muri bei Bern weder Schadenersatz noch Genugtuung zahlen. Sie einigten sich auf einen Vergleich.

, 15. September 2020 um 21:31
image
  • ärzte
Insgesamt 35’000 Franken zu viel verlangte ein Arzt aus der Berner Vorortsgemeinde Muri allein von der Visana. Er verrechnete Patientenleistungen, die er gar nie vorgenommen hatte. Das schrieb Medinside am 4. Mai 2017. 
Per Strafbefehl ist der Deutsche, Jahrgang 1973, zu einer bedingten Geldstrafe von 150 Tagessätzen à 120 Franken verurteilt worden. Darauf hat ihm das Kantonsarztamt wegen fehlender Vertrauenswürdigkeit die Berufsausübungsbewilligung entzogen. Das war Ende Oktober 2017.

«Diagnose Betrug»

Das hinderte aber den Arzt aus Muri bei Bern nicht daran, bis Mitte Januar weiterhin Patientinnen und Patienten zu behandeln und dafür bei den Krankenversicherern Rechnung von rund 70'000 Franken zu stellen.
«Diagnose Betrug» titelte die Berner Zeitung am 29. August 2019. Weil der Allgemein-, Hals-, Nasen und Ohrenarzt trotz entzogener Berufsausübungsbewilligung weiter Patienten behandelte und Leistungen verrechnete, verknurrte ihn das Berner Regionalgericht zu einer bedingten Gefängnisstrafe von neun Monaten.

Infosperber enthüllte den Namen

All das berichtete nicht nur die Berner Zeitung; auch das Onlineportal Infosperber nahm sich der Sache an. Doch im Unterschied zur grössten Tageszeitung im Kanton Bern nannte Autor Urs P. Gasche den Namen des Verurteilten und zeigte ein Bild von ihm, damit seine Patientinnen und Patienten und andere über die Betrügereien bisher nicht informierte Krankenkassen informiert sind und handeln können.
Der Arzt, der nun in Österreich praktiziert, verklagte darauf die Schweizerische Stiftung zur Förderung unabhängiger Information (SSUI), die den Infosperber herausgibt, wegen Persönlichkeitsverletzung. Er verlangte Schadenersatz von 120'000 sowie eine Genugtuung von 15'000 Franken – zuzüglich Zins von 5 Prozent ab dem 21. August 2017.

Zivilverfahren endet mit einem Vergleich

Am Mittwochmorgen fand an der Effingerstrasse in Bern das Zivilverfahren statt. Kläger und Beklagter einigten sich mit einem Vergleich. Die SSUI verpflichtet sich, den Namen des Klägers in den URL der Online-Publikationen sowie bei Google, Swissdox und Schweizer Mediendatenbank SMD zu löschen. Schadenersatz oder eine Genugtuungssumme muss sie nicht bezahlen.
Ganz schadlos kann sich die SSUI nicht halten. Sie muss ein Viertel der Gerichtskosten von 4000 Franken übernehmen. Die restlichen drei Viertel wären durch den Kläger zu zahlen. Der Konjunktiv deshalb, weil der angeblich zahlungsunfähige Arzt unentgeltliche Rechtshilfe erhielt. 
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Berner Zeitungen verletzten Privatsphäre einer Ärztin

Ein Artikel in den Berner Medien enthielt zu viele Details über eine verurteilte Ärztin. Der Pressrat gab deshalb den Universitären Psychiatrischen Diensten Bern (UPD) recht.

image

EPD: Verschnaufpause für Ärztinnen und Ärzte

Die Anschlusspflicht für Ärztinnen und Ärzte ans EPD soll erst mit der grossen Revision eingeführt werden.

image

USA: Milliardärin befreit Medizinstudenten von Studiengebühren

Am Albert Einstein College of Medicine in New York lernen die Medizinstudenten ab sofort gratis. Dank einer Milliardenspende.

image

Der IV fehlen die Ärzte – weil niemand dort arbeiten will

Schlechtes Image, andere Kultur: Deshalb hat die IV so grosse Mühe, genug Ärzte und Ärztinnen für die IV-Abklärungen zu finden.

image

Weltweit eines der ersten High-End-Dual-Source-CT-Systeme im Ensemble Hospitalier de la Côte in Morges

Welche Vorteile daraus für die regionale Bevölkerung entstehen, lesen Sie im nachfolgenden Interview mit Dr. Mikael de Rham, CEO vom Ensemble Hospitalier de la Côte (EHC).

image

Schönheitsoperationen: Lieber ins Nachbarland

Weltweit boomt die Schönheitschirurgie. Aber Zahlen zeigen: Schweizerinnen lassen sich lieber im Ausland operieren.

Vom gleichen Autor

image

Zu Besuch bei Viktor-Gewinnerin Chantal Britt

Seit vier Jahren leidet die Präsidentin von Long-Covid-Schweiz unter postviralen Beschwerden. Was sie am meisten stört: Dass die Krankheit nicht ernsthaft erforscht wird.

image

Pflegeheim: Welcher Wohnsitz gilt?

Der Nationalrat will, dass Bewohner eines Pflegeheims beim Heimeintritt wählen können, ob sie den Steuersitz verlegen oder den alten behalten können.

image

«Die Tarifpartnerschaft ist nicht ebenbürtig»

Der umstrittene Tarifeingriff in der Physiobranche ist noch nicht in Kraft. Lange will die Gesundheitsministerin aber nicht mehr warten.