Patienten, die zum Zeitpunkt ihrer Operation an Sars-CoV-2 erkranken, haben ein erhöhtes Risiko für Komplikationen und Tod. Präoperative Impfungen können diese Risiken signifikant reduzieren, heisst es in der Studie, die heute vom
internationalen Netzwerk von Anästhesisten und Chirurgen «CovidSurg Collaborative»
hier veröffentlicht wurde. Insbesondere über 70-jährige und alle Patienten, die sich einer Krebsoperation unterziehen müssen, würden von einer Impfung vor einer Operation profitieren und die Auslastung des Gesundheitssystems somit reduzieren.
Die Schweiz wirkt mit
Die Resultate der Studie des internationalen Forscherteams basieren auf Analysen von 141‘582 Patienten aus 1‘667 Spitälern. Mehr als 15'000 Chirurgen und Anästhesisten aus 116 Ländern haben an dieser Kollaboration mitgewirkt. Es soll die grösste wissenschaftliche Zusammenarbeit aller Zeiten sein.
In der Schweiz haben 54 Ärzte aus neun Spitälern und drei Landessprachen 555 Patienten aus sämtlichen operativen Disziplinen eingeschlossen. Die Forschung koordiniert hat Professor Michel Adamina, Chefarzt kolorektale Chirurgie in der Klinik für Viszeral- und Thoraxchirurgie am Kantonsspital Winterthur (KSW).
Die präoperative Covid-Impfung sei vor allem bei Patienten von ≥70 Jahren und Patienten, die sich einer Krebsoperation unterziehen, von Vorteil. Sie rette deutlich mehr Leben, als eine Impfung einer vergleichbaren Allgemeinbevölkerung. Der Grund: Menschen, die vor einer Operation stehen, seien besonders gefährdet für eine Covid-Erkrankung, heisst es.
Eine Impfpriorisierung der Patienten vor einer Operation würde mehr Leben retten, als eine Impfung einer vergleichbaren Allgemeinbevölkerung, weil Patienten, welche eine Operation bevorstehen, besonders gefährdet sind für eine schwere COVID Erkrankung.
58'687 Leben retten pro Jahr
In der Studie kommt man zum Schluss, dass mit einer gleichen Anzahl von Impfdosen mehr Leben gerettet werden können, wenn die Impfung für chirurgische Patienten priorisiert wird. «Weltweit könnte die Priorisierung der präoperativen Impfung für chirurgische Patienten vor der allgemeinen Bevölkerung weitere 58'687 Leben in einem Jahr retten», rechnen die Spezialisten.
Sie empfehlen deshalb, dass Patienten, die für eine OP eingeplant sind, mindestens zwei Wochen vor dem Operationsdatum vollständig geimpft werden sollten. Dort, wo das Impfangebot begrenzt ist, sollten chirurgische Patienten im Alter von ≥70 Jahren und Krebschirurgie-Patienten für die präoperative Impfung priorisiert werden.
In der GlobalSurg-CovidSurg Wochen-Studie hatten je nach Alter und Operationstyp zwischen 0,6 und 1,6 Prozent der Patienten eine postoperative SARS-CoV-2-Diagnose (siehe Grafik links). Patienten mit postoperativer SARS-CoV2-Infektion hatten eine vier- bis acht-fache Erhöhung der 30-Tage-Sterblichkeit. Besonders auffallend sei, dass bei Patienten ab 70 Jahren die Sterblichkeitsrate nach einer Krebsoperation mit Covid um ein fast siebenfaches von 2,8 Prozent auf 18,6 Prozent steige.
Sichere Grenze zwischen Diagnose und OP
Wie Professor Adamina gegenüber Medinside erklärt, wurde vor zwei Wochen die Studie «Timing of surgery following SARS-CoV-2 infection: an international prospective cohort study» in der Zeitschrift Anesthesia publiziert. Diese lege die sichere Wartezeit nach stattgehabter Covid Erkrankung fest. «Wir dachten zuvor, dass 30 Tage zwischen Covid-Diagnose und Operation genügen – nun hat sich mit dem gleichen weltweit grossen Kollektiv von über 140'000 Patienten gezeigt, dass zwei Monate die sichere Grenze darstellt.» Das sei ein zusätzliches Argument, um chirurgische Patienten früh beziehungsweise bei der Operationsindikationstellung zu impfen. «Spitalbesuche führen allgemein zu einem erhöhten Ansteckungsrisiko», so Adamina.
Hier geht es zur Originalpublikation.