Das BAG wurde im Dezember von der Zulassung des ersten Covid-19-Impfstoffes überrascht und hatte das ganze Jahr ohne Vorbereitung einer durchdachten Impfstrategie verstreichen lassen. Eiligst wurde für 900'000 Franken eine Impfanmeldesoftware in Auftrag gegeben, die sich in einer Initialphase als weitgehend untauglich erwies.
Die Kantone, ebenso im Tiefschlaf überrascht, suchten eiligst nach anderen IT-Lösungen. Jeder Kanton bastelt nun vor sich hin. Die Kostenträger haben ebenfalls erst im letzten Moment ihre Verhandlungen über die Vergütung aufgenommen, wohlweislich ohne die Ärzte miteinzubeziehen.
Das Resultat ist ein derartiges hochkomplexes Flickwerk, dass man sich schämen muss. Um es grob vereinfacht auszudrücken: Der Bund übernimmt einen Teil der Impfstoffkosten, die Versicherer bezahlen eine viel zu tiefe Pauschale für die verabreichte Impfung und die Kantone übernehmen teilweise zusätzliche Vergütungskosten und den Selbstbehalt der Versicherten….
So funktioniert die Schweiz in der grössten Pandemie seit 100 Jahren und lässt die Leute im Homeoffice, treibt wichtige Wirtschaftszweige in den Ruin und verliert viel wertvolle Zeit. Die Armee liefert Impfstoffe in homöopathischer Dosis mit Nadeln aus alten Armeebeständen, die eher wie Stanzwerkzeuge aussehen und nicht zu gebrauchen sind. Niemand informiert über die vereinbarten Liefertermine und Impfstoffmengen, geschweige denn über die Ursachen für die Verzögerungen. Dies alles erinnert an ein Laientheater, welches ohne Regisseur und Probe gleich in die Aufführung steigt.
Was können wir besser machen? Wir werden noch lange gegen Covid-19 impfen. Wenn die Aufregung um die misslungene Erstaufführung abgeklungen ist, werden wir weiter impfen, bis alle Impfwilligen ihre zwei Dosen erhalten haben. Und dann folgt schon die Auffrischimpfung und die erweiterte Impfung gegen mutierte SARS-CoV2. Das wird uns in den nächsten Jahren beschäftigen. Dafür brauchen wir keine staatlich-orchestrierten Impfzentren, sondern Hausärzte, die ihre Patienten kennen und beraten können.
Wir sollten ab Mitte Jahr zur normalen Tagesordnung übergehen und die Impfungen primär in den Hausarztpraxen vornehmen. Genau dies wollen die Leute. Sie wollen dort geimpft werden, wo sie auch sonst in Behandlung sind und bei einer Vertrauensperson, die ihre ganze Vorgeschichte kennt, die Risiken abwägen und die Reaktionen auffangen kann. Dass Hochrisikopatienten beim Hausarzt ein Impfattest einholen müssen, um sich anschliessend in einem Impfzentrum impfen zu lassen, anstatt dies gleich beim Hausarzt zu erledigen ergibt spätestens seit der Verfügbarkeit des Moderna-Impfstoffes schlicht keinen Sinn mehr.
Schwere allergische Reaktionen sind selten aber so sicher wie das Amen in der Kirche. Es ist nur eine Frage der Zeit bis solche Zwischenfälle in der Apotheke auftreten werden. Wir hatten in den mediX Praxen in den ersten Wochen bereits zwei schwere anaphylaktische Reaktionen. Deshalb sollen die Apotheker nicht impfen, weil sie die Komplexität unterschätzen, keine Kenntnisse zur Beurteilung der persönlichen Anamnese und zu wenig Erfahrung in der unmittelbaren intravenösen Behandlung von schweren allergischen Reaktionen haben. Diese Reaktionen können irgendwann bei einer Folgeimpfung auftreten und sind unberechenbar.
Die beschämende Komplexität der aktuellen Vergütung soll abgelöst werden durch eine einfache Lösung: der Bund stellt die Impfstoffe zur Verfügung, und die Hausärzte rechnen ihre Leistungen über den Tarmed ab. Das reduziert den heutigen administrativen Overkill um 95 Prozent.
Und für die Erfassung sämtlicher Patientenangaben und die Impfanmeldung haben wir IT-Lösungen bereit, wie zum Beispiel corona123.ch, die eine Schnittstelle zur Meldung ans BAG und zu
meineimpfungen.ch eingebaut haben und den aktuellen Meldewahnsinn auf ein Minimum reduzieren. Es steht alles bereit. Wir sollten das Theater beenden und endlich mit impfen beginnen.
Dr. med. Felix Huber, Präsident mediX Ärztenetze