Das BAG macht die Hausaufgaben nicht

Ein in der Pandemie überfordertes BAG hat viele zusätzliche offene Baustellen, Rohrkrepierer und unerledigte Dossiers. Vieles ist einfach stecken geblieben. Das hindert BR Alain Berset nicht daran, weitere monströse Grossprojekte zu lancieren. Das EDI/BAG soll zuerst mal die Hausaufgaben machen.

, 15. Januar 2022 um 08:01
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Die Liste der gescheiterten und unerledigten Projekte im BAG ist lang. Trotzdem wird mit einem noch nie dagewesenen Aktivismus und einer überhandnehmenden lähmenden Bürokratie wie verrückt weiter gewurstelt.
Wir haben ein neues Qualitätsgesetz, das komplett an der Realität vorbei wahnwitzige Vorgaben zur Qualitätsverbesserung macht. Die Experten in der Eidgenössischen Qualitätskommission quälen sich seit Monaten mit den Vorgaben und Auflagen die einfach nicht praktikabel sind. Das erste Resultat davon ist die Paralysierung der Stiftung für Patientensicherheit. Sie wird leider stillschweigend untergehen. Dieses Qualitätsgesetz ist das eindrücklichste Beispiel wie das EDI/BAG aus einer gut gemeinten parlamentarischen Initiative zur Qualitätssicherung in der Medizin ein untaugliches bürokratisches Monster konstruiert hat. Bilanz: katastrophal, zurück an den Anfang.
Wir haben ein weiteres Monster beim Elektronischen Patientendossier (EPD) das nie funktionieren wird. Der Bundesrat gesteht in seinem Bericht vom 11. August 2021 erhebliche Umsetzungsprobleme ein und bekräftigt: Das elektronische Patientendossier (EPD) wird im Verlauf des Jahres 2021 schrittweise flächendeckend eingeführt. Davon haben wir gar nichts bemerkt. Das EPD ist komplett falsch aufgesetzt und wird nie funktionieren. Das hindert das EDI/BAG nicht, mit einer geradezu grotesken Sturheit weitere Mittel in diesen Rohrkrepierer zu investieren. Bilanz: gescheitert, Übung sofort abbrechen.
Das elektronische Impfdossier, Meineimpfungen, vom BAG mit jährlich 950'000.- und zwei Stiftungsräten unterstützt ist aus Datenschutzgründen 2021 eingestellt worden. Eine Nachfolgelösung soll über das EPD erfolgen. Das wird dann leider auch ein potemkinsches Dorf bleiben und nie zur Anwendung kommen. Bilanz: Übung sofort abbrechen und eine neue Trägerschaft aufsetzen.
Das Swiss Medical Board (SMB), eine Initiative der kantonalen Gesundheitsdirektionen, hat seit 2008 eine lange Liste von aufsehenerregenden Publikationen zur medizinischen Überbehandlung in der Schweiz veröffentlicht. Das EDI/BAG hat es nun geschafft, das Swiss Medical Board abzuhalftern und das Health Technology Assessement (HTA) seit 2015 selber in die Hand zu nehmen. Das SMB hat seine Tätigkeit Ende 2021 eingestellt. Die HTA-Abteilung des BAG hat ein jährliches Budget von rund fünf Millionen Franken mit acht Vollzeitstellen. Seit 5 Jahren ist kein einziger nennenswerter Bericht publiziert worden. Bilanz: gescheitert, sofort aufhören und neue Trägerschaft ermöglichen.
Die Digitalisierung des Meldewesens kommt im BAG nicht voran. Seitdem im BAG das Faxgerät im Oktober 2020 abgestellt wurde, haben wir kein differenziertes Meldeformular mehr für die Erfassung der Covidfälle. Bilanz: erschreckend.
Würden Sie nun dem EDI/BAG weitere neue und weitreichende Kompetenzen und Grossprojekte geben? Möchten Sie eine zukünftige ärztliche Tarifstruktur oder eine Kontrolle über die Einhaltung der Kostenziele dem BAG übertragen?
Wir dürfen dem EDI/BAG keine einzige weitere neue Kompetenz mehr übertragen.
Zuerst sollen die Hausaufgaben gemacht werden:

  • EFAS einführen
  • TARDOC genehmigen
  • HTA neu aufsetzen
  • Digitaler Impfpass entwickeln lassen
  • Digitalisiertes Meldewesen entwickeln lassen
  • EPD-Übung abblasen und neu aufsetzen
  • Umsetzung Qualitätsgesetz zurück an den Anfang
  • Die neuen monströsen Baustellen sollen einfach eingestellt werden: Massnahmenpaket 2, Globalbudget und Kostenziele versenken

Dr. med. Felix Huber, Präsident der mediX Ärztenetze  
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