Dank Spenden zu Dignitas in die Schweiz

Bitte 45'000 Franken für den eigenen Tod: Ein englischer Krebspatient sammelt über eine grosse Crowdfunding-Plattform Zuwendungen für einen begleiteten Suizid.

, 2. Juni 2015 um 11:50
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Übers Internet tun sich hunderte anonyme Investoren oder Spender zusammen, um hoffnungsvolle Startup-Firmen oder spannende Kulturprojekte zu finanzieren: Crowdfunding ist bekanntlich eine Finanzierungsform mit hohen Wachstumsraten.
Die Sache wird auch immer vielfältiger. Und so findet sich auf der drittgrössten Crowdfunding-Plattform von Grossbritannien nun ein Projekt der anderen Art: Bitte bezahlt für meinen Tod in einer Schweizer Klinik – so die Aufforderung des Engländers Roger Bailey auf «Crowdfunder».
Bailey musste ein Tumor in der Wirbelsäule entfernt werden. Heilungschancen gibt es nicht, die Schmerzen werden unerträglich, und der 66-Jährige fürchtet, bald vollends abhängig von fremder Hilfe zu sein.
Nun bittet er auf Crowdfunder um 30'000 Pfund, umgerechnet gut 43'000 Franken, beizutragen in Spenden von 10 oder 20 oder 50 Pfund. Damit er es sich leisten kann, den letzten Weg in die Sterbeklinik von Dignitas zu gehen.
Womit notabene die Kostenseite der helvetischen Sterbehilfe wieder mal drastisch ans Licht kommen.
Ein Argument von Roger Bailey: Das britische Gesundheitssystem NHS könnte auf diese Weise eine weitaus grössere Summe einsparen. «Ich glaube, dass die begrenzten Mittel des NHS besser eingesetzt sind bei Menschen, die noch eine Aussicht auf Heilung haben.»

Darf man den Tod spendieren?

«My Dignitas Fund», lautet der Titel des Projekts auf Crowdfunder. Und man fragt sich unweigerlich, ob dies nicht eher eine Aktion ist, um die in Grossbritannien laufende Sterbehilfe-Debatte zu befeuern. 
Immerhin müssen hier sehr heikle Fragen an einem konkreten Beispiel abgewogen werden. Zum Beispiel: Falls aktive Sterbehilfe okay ist – darf man dann auch den Tod via Paypal spendieren? Und beginnt nicht gerade mit diesem Spartipp an die NHS die Euthanasie?
Die Resonanz hält sich freilich in Grenzen – diskursiv wie finanziell. Nach den ersten vier Tagen wurden gerade mal 120 der benötigten 30'000 Pfund gesprochen. Allerdings ist «My Dignitas Fund» noch bis 21. Juli für Spenden offen.
Nachtrag 3. Juni 2015: Nachdem die Aktion in den britischen Medien zunehmend Aufmerksamkeit gewann, hat Crowdfunder UK die Sache abgebrochen und «My Dignitas Fund» abgeschaltet. Der Grund: Die Spender wie auch die Plattform selber setzen sich einem strafrechtlichen Risiko aus – denn Beihilfe zum Suizid ist in Grossbritannien verboten.
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