«Ambulant vor stationär»: Diese Kantone haben am meisten Aufholpotenzial

Der Anteil der national geregelten ambulanten Eingriffe variiert je nach Kanton erheblich. Dies zeigt eine aktuelle Analyse. Und eine Verlagerung von stationär zu ambulant birgt je nach Kanton ein unterschiedlich hohes Sparpotenzial.

, 15. Januar 2019 um 08:54
image
  • ambulant vor stationär
  • spital
Anfang dieses Jahres trat die Liste des Bundes in Kraft, welche sechs Eingriffe national verpflichtend regelt (siehe unten). Insgesamt erfolgten in der Schweiz knapp 60 Prozent dieser Eingriffe bereits ambulant. Dies zeigt eine Analyse des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan) für die Jahre 2013 bis 2016. 
Der Anteil der ambulanten Eingriffe variiert je nach Kanton  erheblich: In den Kantonen Zürich, Schwyz, St. Gallen, Bern, Tessin und Appenzell Innerrhoden liegt der Anteil der ambulanten Eingriffe unter 50 Prozent. Und im Kanton Jura ist er mit 84 Prozent doppelt so hoch wie im Kanton Appenzell Innerrhoden.
image
Quelle: Obsan

Romandie als Vorreiter

Interessanterweise verzeichnen die Westschweizer Kantone die höchsten Anteile ambulanter Eingriffe: ihre Werte liegen kon­stant über dem Schweizer Durchschnitt. Dieses Ergebnis deckt sich laut Obsan mit der Hypothese, dass der Übergang von der stationären zur ambulanten Versorgung in der Romandie früher vorange­trieben wurde als in der Deutschschweiz.
Insgesamt hat der Anteil der ambulant durchgeführten Eingriffe stark zu­ genommen: Er ist auf gesamtschweizerischer Ebene von 42 Prozent im Jahr 2010 auf 59 Prozent im Jahr 2016 gestiegen.
  • Schwächere Zunahme als in der Gesamtschweiz: AR, BL, GE, GL, JU, LU, NE, NW, OW, SG, SH, SO, SZ, TG, UR, VD, VS
  • Stärkere Zunahme als in der Gesamtschweiz: AG, AI, BE, BS, FR, GR, TI, ZG ZH

Verlagerungspotential für Kantone mit hohem ambulanten Anteil

Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan) beziffert zudem das Verlagerungspotenzial: So könnten je nach Kanton zwischen 55 Prozent und 80 Prozent der sechs untersuchten stationären Eingriffe ambulant durch­geführt werden. Gesamtschweizerisch: 77 Prozent. Es reicht von 55 Prozent der stationären Eingriffe im Kanton Obwalden bis 83 Prozent im Kanton Genf.
Sogar in Kantonen mit einem hohen ambulanten Anteil wie Obwalden und Jura könnte noch immer ein grosser Anteil der stationär durchgeführten Eingriffe (55 Prozent bzw. 62 Prozent) ambulant erfolgen, steht im Obsan-Papier «Die Entwicklung der ambulanten Versorgung in den Kantonen» weiter. 
image
Quelle: Obsan

Beispiel: Kanton Zürich könnte 16 Millionen Franken sparen

Durch die Verlagerung vom stationären in den ambulanten Be­reich innerhalb der analysierten Leistungen resultiert laut Obsan zudem ein mass­gebliches Sparpotenzial für die Kantone. Es beträgt zwischen 200'000 Franken (Kanton Obwalden) und 16 Millionen Franken (Kanton Zürich).
Auf die OKP­-Kosten hätte die Verlagerung hingegen kaum finanzielle Auswirkungen: Im Maximum würden diese um 590'000 Franken im Kanton Zürich ansteigen, um 55'000 Franken im Kanton Graubünden sinken. 
image
Quelle: Obsan
Analysierte chirurgische Leistungen
  • Krampfaderoperationen der unteren Extremität
  • Eingriffe an Hämorrhoiden
  • Einseitige Hernienoperationen
  • Untersuchungen und Eingriffe am Gebärmutterhals oder an der Gebärmutter (Eingriffe am Gebärmutterhals, Untersuchungen der Gebärmutter, Curettage)
  • Kniearthroskopien, einschliesslich Eingriffe am Meniskus (Eingriffe am Meniskus, Kniearthroskopie)
  • Eingriffe an Tonsillen und Adenoiden

Ambulanter Anteil: Anstieg bis 96 Prozent möglich 

Würden alle potenziell verlagerbaren Eingriffe ambulant erfolgen, würde der Anteil der ambulanten Eingriffe darüber hinaus erheblich ansteigen. Auf gesamtschweizerischer Ebene würde er sich von 58 Prozent auf 90 Prozent erhöhen, in den einzelnen Kantonen wäre ein Anstieg auf 85 Prozent bis 96 Prozent zu erwarten. 
Die weitere Beobachtung der analysierten chirurgischen Leistungen wird laut dem Gesundheitsobservatorium jetzt zeigen müssen, wie sich die hier festgestellten Unterschiede und Trends nach Inkrafttreten der eidgenössischen Liste verändern.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Knall beim Kantonsspital Winterthur

Gleich zwei Schlüsselfiguren verlassen das KSW per Frühling 2024: CEO Hansjörg Lehmann und Chief Nursing Officer (CNO) Susanna Oechslin gehen.

image

Ab morgen gilt das neue Datenschutzgesetz!

Am 1. September 2023 tritt das revidierte Datenschutzgesetz in Kraft. Was dieses für Arztpraxen und Spitäler bedeutet, erklärt der Anwalt und Datenschutzexperte David Vasella im Interview.

image

Diese fünf Behandlungen sollten sich Spitäler sparen

Keine vorbeugenden Antibiotika und keine Schlafmittel-Rezepte für zuhause: Das sind zwei von fünf neuen Empfehlungen für Spital-Ärzte.

image

Unispital Zürich: Das ist die neue Klinikdirektorin der Nephrologie

Britta George wechselt vom Universitätsklinikum Münster zum Universitätsspital Zürich (USZ).

image

Neue Chefärztin für die Klinik Susenberg

Chefärztinnenwechsel in der Privatklinik Susenberg: Anna Georgi wird Chefärztin der Klinik und übernimmt noch eine weitere Funktion.

image

Sofortige Erweiterung von Herzkranzgefässen nach Infarkt bietet klare Vorteile

Die Ergebnisse einer neuen Studie des Universitätsspitals Zürich könnten nicht nur die klinische Praxis beeinflussen, sondern auch volkswirtschaftliche Auswirkungen haben.

Vom gleichen Autor

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum Medizinstudierende im Studium ihre Empathie verlieren

Im Laufe eines Studiums nimmt offenbar das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten ab. Dies zeigt eine neue Studie.

image

Berner Arzt hat Aufklärungspflicht doch nicht verletzt

Im Fall einer Nasen-OP mit Komplikationen verneint das Bundesgericht eine Pflichtverletzung eines Berner HNO-Arztes. Die Vorinstanzen haben noch anders entschieden.