Pflegeheim: Welcher Wohnsitz gilt?

Der Nationalrat will, dass Bewohner eines Pflegeheims beim Heimeintritt wählen können, ob sie den Steuersitz verlegen oder den alten behalten können.

, 14. März 2024 um 15:28
image
Justizdirektor Beat Jans: «Eine Wahlmöglichkeit des Steuerdomizils geht dem Bundesrat zu weit.» | Screenshot: parlament.ch
Wer aus eigenen Stücken in ein Alters- und Pflegeheim geht, verlegt damit seinen zivilrechtlichen Wohnsitz. Wer nicht freiwillig in ein Alters- und Pflegeheim geht, behält seinen Wohnsitz. Darunter fallen vor allem verbeiständete Personen. So will es die Rechtssprechung.

Zuständigkeitsklagen

Gemäss einer Mehrheit der nationalrätlichen Gesundheitskommission (SGK-N) lässt sich die Frage der Freiwilligkeit kaum präzise beantworten. Sie führe wiederholt zu Zuständigkeitsklagen. Deshalb verlangt sie in einer Motion, dass Personen in Alters- und Pflegeheimen ihren früheren Wohnsitz behalten können. Der Nationalrat stimmte dieser Motion am Donnerstagmorgen mit 117 zu 58 Stimmen zu.
Ein weiteres Problem: Verlegt eine Person den zivilrechtlichen Wohnsitz an den Sitz des Pflegeheims, wird sie am neuen Wohnsitz steuerpflichtig. Das wäre insofern kein Problem, wenn die Restfinanzierung der Pflegekosten nicht bei der vorherigen Wohnsitzgemeinde hängen bliebe.
Also: Steuereinnahmen entfallen; dafür fallen Restfinanzierungskosten an. Denn aufgrund von Spezialgesetzen ist es tatsächlich so, dass die Gemeinde oder der Kanton des vormaligen Wohnsitzes verpflichtet ist, die Restfinanzierung der Pflegekosten zu übernehmen. Bei den Ergänzungsleistungen verhält es sich ähnlich.

Lebensmittelpunkt

Die Frage des Wohnsitzes ist vor allem aus steuerlicher Sicht relevant. Nicht am Wohnsitz zahlt man Steuern; sondern am Ort des Lebensmittelpunktes. Für Personen in einem Pflegeheim ist das aus naheliegenden Gründen die Standortgemeinde des Heims. Doch gemäss der Motion könnten Personen beim Heimeintritt zwischen ihrem bisherigen Wohnsitz und der Begründung eines neuen Wohnsitzes im Alters- oder Pflegeheim wählen.
Manuela Weichelt gehört zur Minderheit, wie übrigens der Bundesrat auch. «Sie können doch nicht einfach für eine Gruppe eine Ausnahme bezüglich der Definition des steuerrechtlichen Wohnsitzes machen», sagte die grüne Zuger Nationalrätin in der Debatte. Die nächste Gruppe komme bestimmt, die fordern werde, dass sie gerne weiterhin am steuergünstigen früheren Wohnort besteuert werden möchte, obwohl ihr Wohnort dort objektiv nicht mehr zu finden sei.
Zuständige Behörde ist das Justiz- und Polizeidepartement. Dessen Vorsteher Beat Jans begründete seine ablehnende Haltung mit dem Argument, dass die Einführung eines Wahlrechts des Wohnsitzes das bisherige Konzept des Wohnsitzes grundlegend infrage stellen würde. «Eine Wahlmöglichkeit des Steuerdomizils geht dem Bundesrat zu weit.»
  • pflegeheim
  • politik
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

«Die Tarifpartnerschaft ist nicht ebenbürtig»

Der umstrittene Tarifeingriff in der Physiobranche ist noch nicht in Kraft. Lange will die Gesundheitsministerin aber nicht mehr warten.

image

Krebsmedikamente haben Gewinnmarge von 85 Prozent

Ein altes Anliegen ist erneut im Parlament: die horrenden Kosten für Krebsmedikamente.

image

Corona: Kein Ausfall-Geld für die Spitäler

Der Bund will sich nicht an den pandemiebedingten Ertragseinbussen der Spitäler beteiligen.

image

Ältere Ärztinnen und Ärzte werden vom EPD befreit - wenigstens vorläufig

Wird die Ärzteschaft dazu gezwungen, das EPD bereits in zwei Jahren aufzuschalten, könnten die älteren Semester vorzeitig abspringen.

image

EPD: Übungsabbruch ist kein Thema

Nach dem Nationalrat stimmt am Dienstagmorgen auch der Ständerat einer Übergangsfinanzierung für das EPD zu.

image
Gastbeitrag von Felix Schneuwly

EPD: Noch mehr Geld und Zwang machen es auch nicht besser

Ein brauchbares elektronisches Patientendossier wäre überfällig. Aber weiterhin sind wichtige Fragen offen. Zum Beispiel: Wie müsste das EPD sein, damit es auch genutzt wird? Warum fehlen viele praktische Features?

Vom gleichen Autor

image

Zu Besuch bei Viktor-Gewinnerin Chantal Britt

Seit vier Jahren leidet die Präsidentin von Long-Covid-Schweiz unter postviralen Beschwerden. Was sie am meisten stört: Dass die Krankheit nicht ernsthaft erforscht wird.

image

EPD: Verschnaufpause für Ärztinnen und Ärzte

Die Anschlusspflicht für Ärztinnen und Ärzte ans EPD soll erst mit der grossen Revision eingeführt werden.

image

These: Die Tarifpartnerschaft funktioniert grundsätzlich nicht

Der Tarifstreit in der Physiobranche bleibt aktuell. Politikerinnen fragen nun, ob die Tarifpartnerschaft bewusst ausgebremst wird. Der Bundesrat nahm jetzt Stellung.