Personalnot zwingt Luzerner Gruppenpraxis zur Schliessung

Die Hausarzt-Kette Sanacare findet kein Personal. Ab morgen ist deshalb für eine Praxis Schluss.

, 30. Mai 2024 um 14:54
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Screenshot der Website zur Sanacare-Praxis in Luzern.
«In der Zentralschweiz herrscht ein besonders ausgeprägter Fachkräftemangel. Sanacare hat deshalb entschieden, die Anzahl der Standorte in Luzern zu reduzieren».
Das lesen die Patienten, wenn sie auf der Website der Praxis am Paulusplatz nach Informationen suchen. Bereits in dieser Woche soll die Gruppenpraxis in Luzern geschlossen werden.
Das Unternehmen verfügte bislang über 22 Praxen in 14 Schweizer Städten, drei davon in der Stadt Luzern.
Man bedauere diesen Schritt, teilt der stellvertretende CEO von Sanacare, Marc Jungi, gegenüber der «Luzerner Zeitung» mit; der Facharzt für Allgemeine Innere Medizin und arbeitet seit 1999 als Hausarzt in der Sanacare Gruppenpraxis Bern. Für ihn ist klar: «Wir reden von einem übergeordneten Problem im Schweizer Gesundheitswesen, das sich bei Grundversorgern akzentuiert.»
«Wir sind bereits heute mit einem Mangel an Fachkräften konfrontiert. Dieser wird sich in den nächsten zehn Jahren deutlich zuspitzen.» — Sven Streit, Professor am Berner Institut für Hausarztmedizin
Das zeigt auch ein kürzlich veröffentlichte Workforce-Studie der Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin SGAIM. Demnach braucht die Schweiz bis 2033 über 2300 neue Allgemeininternistinnen und -internisten; in den nächsten zehn Jahren wird 44 Prozent dieses Potentials verschwinden. Hauptursachen sind bevorstehende Pensionierungen und eine Reduktion von Arbeitspensen.
«Wir sind bereits heute mit einem Mangel an Fachkräften konfrontiert. Dieser wird sich in den nächsten zehn Jahren deutlich zuspitzen», sagt Studienautor Sven Streit in Hinblick auf die 10-Millionen-Schweiz. Und weiter: «Wir können uns nicht zurücklehnen und glauben, dass wir allein aus dem Ausland unseren Bedarf decken können.»

«Ich habe keine Erklärung»

Besonders prekär sei die Personalsituation in der Zentralschweiz, betont Sanacare-CEO Jungi in der LZ: «Ich habe keine Erklärung, wieso das so ist. Wirklich brennen tut es in Luzern, aber der Fachkräftemangel bleibt ein allgemeines Problem.»
Gemäss Lustat, der öffentlichen Statistik Luzern, gibt es allerdings Grund zur Hoffnung: 2023 haben insgesamt 3537 Ärzte, Apotheker und Zahnärzte im Kanton Luzern eine Berufsbewilligung erhalten. Das sind zehn Prozent mehr als im Vorjahr. In der Statistik macht dabei die Zahl der Ärzte den grössten Teil der Gesundheitsberufe aus. Von 2022 auf 2023 ist die Zahl von etwa 2300 auf über 2500 gestiegen.
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