Jeder Kassenwechsel kostet 280 Franken

Das «Krankenkassen-Hopping» nach starken Prämienerhöhungen kostet die Kassen viel Geld – und schraubt wiederum die Prämien in die Höhe.

, 13. Dezember 2023 um 15:56
image
Symbolbild: Nick Fewings on Unsplash
Jedes Jahr veranlassen die steigenden Prämien viele Versicherte zum Wechsel ihrer Krankenkasse. Die Westschweizer Konsumentenzeitschrift «Bon à Savoir» hat berechnet, wieviel das kostet – und kommt zum Schluss: «Dieser Zwei-Takt-Walzer kostet das Gesundheitssystem Hunderte von Millionen Franken.»
In der Vergangenheit zeigte sich, dass Prämienerhöhungen ein wichtiger – wenn nicht gar der wichtigste – Grund für einen Kassenwechsel waren.
Mit dem Wechsel zu einer billigeren Krankenkasse können die Versicherten sparen – kurzfristig zumindest. Denn gleichzeitig sind die ständigen Wechsel auch mitschuldig daran, dass die Prämien steigen.
Die Wechsel Ende 2022 dürften die Kassen insgesamt zwischen 220 und 300 Millionen Franken gekostet haben, wie «Bon à Savoir» berechnet hat. Diese Summe schlage sich auch in den stark gestiegenen Prämien von 2024 nieder.

Die Rechnung im Detail

Für Werbung gaben die Kassen letztes Jahr laut dem Bundesrat 72 Millionen Franken aus, für Provisionen weitere 48 Millionen. Zusammengerechnet kostete es die Versicherer also 120 Millionen Franken, neue Kunden zu gewinnen.
Jeder Wechsel verursacht zusätzliche administrative Kosten bei den Kassen. Bei einem Neueintritt muss überprüft werden, ob der alte Versicherer die Kündigung des Kunden bestätigt hat, der Versicherte muss registriert werden und er braucht eine Versichertenkarte. Bei einem Austritt muss überprüft wird, ob alle geschuldeten Prämien und Kostenbeteiligungen bezahlt wurden und ob der Versicherungsnachweis vom neuen Versicherer geliefert wurde.
Mehrere Kassen hielten die Schätzung von 50 bis 60 Franken pro Ein- oder Austritt für realistisch. Das bedeutet, dass jeder Wechsel rund 120 Franken kostet.
image
Grafik: em, Quelle: Bon à Savoir

Bundesrat will nichts ändern

Nationalrätin Sarah Wyss (SP/BS) beklagte sich mit einer Interpellation beim Bundesrat über diese hohen Kosten, die das «Krankenkassen-Hopping» zur Folge hat, und wollte wissen, ob eine Einheitskasse das Problem lösen würde.
Der Bundesrat sagte dazu: Es wären dann zwar keine Kassenwechsel mehr möglich. «Allerdings würde eine preisdämpfende Wirkung eines wettbewerblich organisierten Krankenversicherungssystems entfallen.»

Krankenkassen wiegeln ab

Die Krankenkassen sehen ebenfalls keinen Anlass zu einer Änderung. Die Verwaltungskosten würden seit Jahren bei durchschnittlich etwa fünf Prozent der Prämienkosten liegen, argumentieren die Kassen-Verbände Santésuisse und Curafutura. Die Kosten für einen Kassenwechsel seien dabei nicht signifikant.
Die Prozentangabe verschleiert allerdings, dass die Verwaltungskosten sich in den letzten zwei Jahrzehnten mehr als verdoppelt haben. Im Jahr 2000 betrugen fünf Prozent der Prämienkosten noch gut 90 Franken. Letztes Jahr waren es 190 Franken.
  • versicherer
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image
Gastbeitrag von Beat Walti

Für eine echt freie Spitalwahl – auch für die Zusatzversicherten

Regelmässig bleibt es Zusatzversicherten versagt, sich in allen Spitälern behandeln lassen – trotz einer Police, die dies suggeriert. Doch es gäbe Möglichkeiten, damit man auch in fortgeschrittenem Alter den Versicherer wechseln kann.

image

Helsana-Präsident Thomas D. Szucs tritt in einem Jahr zurück

Dann wird er insgesamt 15 Jahre an der Spitze der grössten Schweizer Krankenversicherung gewesen sein.

image

«Kein Mensch will Rationierungen»

Für Santésuisse-Präsident Martin Landolt würde die Kostenbremse-Initiative nicht zu Qualitätsverlust führen. Solange die Bundespolitik ihre Hausaufgaben macht.

image

«Die Spitäler sind selber schuld»

Santésuisse-Präsident Martin Landolt über defizitäre Spitäler, den Tardoc-Streit, ambulante Pauschalen und unnatürliche Kooperationen.

image

KPT will nur noch einen Krankenkassenverband

Nach ihrem Austritt aus Curafutura will die KPT nicht zur Konkurrenz Santésuisse. Sondern einen einzigen Verband.

image

Hirslanden einigt sich mit der CSS – diese zahlt wieder

Die Hirslanden-Gruppe und die Krankenkasse CSS haben sich auf neue Tarife für Halbprivat- und Privatversicherte geeinigt.

Vom gleichen Autor

image

SVAR: Neu kann der Rettungsdienst innert zwei Minuten ausrücken

Vom neuen Standort in Hundwil ist das Appenzeller Rettungsteam fünf Prozent schneller vor Ort als früher von Herisau.

image

Kantonsspital Glarus ermuntert Patienten zu 900 Schritten

Von der Physiotherapie «verschrieben»: In Glarus sollen Patienten mindestens 500 Meter pro Tag zurücklegen.

image

Notfall des See-Spitals war stark ausgelastet

Die Schliessung des Spitals in Kilchberg zeigt Wirkung: Nun hat das Spital in Horgen mehr Patienten, macht aber doch ein Defizit.