Zur Rose-CEO im Visier der Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft erhebt gegen Walter Oberhänsli Anklage: im Zusammenhang mit dem Versand rezeptfreier Medikamente und der elektronischen Rezeptierung.

, 4. Mai 2020 um 07:00
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Die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau hat Anklage gegen Walter Oberhänsli in seiner Eigenschaft als CEO der Zur Rose-Gruppe erhoben. Dies teilt die E-Commerce-Apotheke am Sonntag mit. In der Anklage geht es um mögliche Widerhandlungen gegen das Heilmittelgesetz und Vergehen gegen das Bundesgesetz über den unlauteren Wettbewerb. 
Die Anklage stütze sich auf eine Strafanzeige des Apothekerverbandes Pharmasuisse und betreffe zwei verschiedene Sachverhalte: den Versand von rezeptfreien Medikamenten und Entschädigungen für elektronisch rezeptierende Ärzte zwischen 2010 und 2015.

Versand und elektronische Rezeptierung

Der erste beanstandete Sachverhalt reicht fünf Jahre zurück: Nach einem Bundesgerichtsentscheid hat die Versandapotheke im September 2015 den Versand für rezeptfreie Medikamente (OTC) eingestellt. Zuständig für die 2011 eingeführte Ausstellung der ärztlichen Verschreibungen war ein auf Telemedizin spezialisiertes Unternehmen; der Versandhandel war laut der Versandapotheke vom Kantonsapotheker freigegeben. Heute ist für den Versand aller Arzneimittel immer ein ärztliches Rezept erforderlich.
Beim zweiten Punkt der Anklage geht es um die elektronische Verschreibung, bei der die Ärzte für ihren Aufwand laut Zur-Rose-Gruppe angemessen entschädigt wurden. Auch hier hat es das Bundesgericht am 7. Juli 2014 untersagt, die Ärzte für die elektronische Erfassung von Rezeptdaten zu entschädigen. Gleichentags hat die E-Commerce-Apotheke das Vertriebsmodell und die Vergütung trotz Einsparungen eingestellt.

VR stellt sich geschlossen hinter Walter Oberhänsli

Der Verwaltungsrat weist die Anschuldigungen gegen seinen CEO in der Mitteilung «entschieden» zurück und hat angekündigt, Walter Oberhänsli in der Abwehr der gegen ihn erhobenen Vorwürfe «uneingeschränkt» zu unterstützen und seine Integrität zu schützen. Die börsenkotierte Zur Rose-Gruppe schliesst einen Einfluss des Verfahrens auf die aktuelle Geschäftsentwicklung aus.
Verwaltungsratspräsident Stefan Feuerstein bezeichnet die Anklage als «juristische Attacke» gegen den CEO «durch Kreise, die den technologischen Wandel mit all seinen unbestrittenen Vorteilen allein zur Verteidigung ihrer wirtschaftlichen Individualinteressen aufhalten wollen.» Er erachtet es als «grotesk», fünf Jahre nach Beendigung und nach einer Einstellungsverfügung weiter juristisch vorzugehen. Mit Kreise meint Feuerstein den Apothekerverband Pharmasuisse. 
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