Was Webcams in der Neugeborenen-Intensivstation bringen

In mehreren Ländern können Eltern ihr Frühchen virtuell mit nach Hause nehmen. Nicht so in der Schweiz. Doch das soll sich nun ändern.

, 3. Dezember 2015 um 20:00
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Fast jedes zehnte Neugeborene in der Schweiz ist eine Frühgeburt. Für die jungen Mütter und Väter bedeutet das: Jeden Tag ein erneuter Trennungsschmerz. 
Dagegen hilft ein virtueller Besuch am Babybettchen. Wie das funktioniert? Die Eltern erhalten einen Benutzernamen und ein geheimes Passwort. Eine kleine Kamera über dem Bettchen liefert live Babybilder ins elterliche Zuhause – rund um die Uhr.

Pflegepersonal sorgt sich um Datenschutz

Hans Proquitté, Chefarzt für Neugeborenenmedizin im Uniklinikum Jena, sieht darin vor allem psychologische Vorteile: «Das grösste Problem ist, dass die Mütter nicht glauben, dass es ihrem Kind gut geht. Sie wollen das möglichst oft sehen».
Weniger Stress bei den Mütter bedeutet hingegen mehr Stress beim Pflegepersonal, wie eine Studie aus dem Jahr 2015 in den USA ergab. Denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen sich um den Datenschutz. Doch das ist unbegründet. 

Das sind die medizinischen Vorteile

Eine Überwachung des Personals ist laut Bahman Gharavi vom Perinatalzentrum Witten auf diesem Wege letztlich nicht möglich. Das Marien-Hospital in Witten hat nur positive Erfahrungen mit «Babywatch» gemacht, wie Gharavi 2013 an einer Tagung am Kantonsspital Olten erklärte. 
Die Kamera leistet so einen Beitrag zum «Bonding» zwischen den Eltern und ihrem Kind. Und nicht nur das: Es gibt auch medizinische Vorteile. «Die Möglichkeit für die Mutter, ihr Kind beim Abpumpen sehen zu können, kann die Milchproduktion in der Brust steigern», sagt Chefarzt Proquitté.

Vorreiter: Charité in Berlin 

Umfragen in den USA ergaben ausserdem, dass eine Mehrheit der Eltern solch ein Webcam-System verwenden würde, wenn es denn zur Verfügung stünde.
In den USA, in Deutschland und in Österreich ist «Babywatch» fast schon gang und gäbe. Vorreiter in Deutschland war vor rund zehn Jahren die Klinik Neonatologie der Charité in Berlin. 
Heute bieten die Dienstleistung nebst dem Marien-Hospital in Witten oder der Berliner Charité die Kinderklinik Passau, das Krankenhaus Hamburg-Barmbeck, die Neonatologie-Klinik in Innsbruck oder seit kurzem das Gelnhäuser Perinatalzentrum.

Diese Projekte laufen in der Schweiz 

In der Schweiz ist man davon noch weit entfernt. Eine Umfrage von Medinside an grösseren Perinatalzentren in der Deutschschweiz zeigt: Das Zürcher Unispital (USZ), das Berner Inselspital sowie das Kantonsspital Aarau (KSA) setzen derzeit keine solchen Webcams in der Neonatologie ein. 
Anders sieht es in St. Gallen und Basel aus: Bei der Neonatologie der Frauenklinik am Kantonsspital St. Gallen (KSSG) und am Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB) laufen entsprechende Projekte. Das KSSG geht davon aus, im Laufe des kommenden Jahres ein ähnliches Kamera-System wie bei der Charité umzusetzen, erklärt ein Sprecher gegenüber Medinside
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