Verzicht auf Obduktionen hat negative Folgen

Pathologen fürchten aufgrund des Rückgangs bei den Autopsien Qualitätseinbussen in den Spitälern und bei der Ausbildung.

, 25. Februar 2019 um 09:35
image
Für viele Medizinerinnen und Mediziner ist klar: Obduktionen sind wichtig für die Qualitätssicherung. Gleichwohl nimmt die Zahl der Leichenöffnungen  in der Schweiz stark ab. Am Zürcher Universitätsspital (USZ) hat die effektive Zahl beispielsweise innert 25 Jahren um rund 75 Prozent abgenommen, wie die «Zürichsee-Zeitung» am Montag berichtet. Die Zahl der Obduktionen sank von 1100 im Jahr 1993 auf 264 im Jahr 2018.
Massiver Rückgang
Andere Spitäler verzeichnen einen noch grösseren Rückgang. Betrug die Obduktionsrate am Stadtspital Triemli im Jahr 2000 noch 65 Prozent, beträgt sie heute nur noch 3,4 Prozent. Paul Komminoth, Chefarzt für Pathologie am Triemli, sagt der ZSZ, der Rückgang sei ein«gesamteuropäischen Phänomen». Und auch in den USA liege die Obduktionsrate «seit Jahrzehnten unter 5 Prozent».
Was sind die Gründe für den Rückgang? Pathologen verweisen auf den in immer mehr Kantonen vollzogenen Wechsel von der Widerspruchs- zur Zustimmungslösung. Dort müssen Ärzte nun aktiv eine Erlaubnis zur Obduktion haben oder einholen. Doch auch in Kantonen ohne diese Regelung gehen die Obduktionszahlen zurück. 
Der Direktor des Instituts für Pathologie und Molekularpathologie am USZ sagt, die Einstellung der Ärzteschaft zum Thema habe sich wahrscheinlich verändert. Speziell jüngere Ärzte seien von der Notwendigkeit der Leichenöffnung nicht mehr überzeugt. Dies auch, weil es neue Diagnosemethoden erlaubten, zu Lebzeiten besser Analysen vorzunehmen.
Ausbildung gefährdet
Doch Pathologen sind überzeugt, dass es weiterhin Obduktionen braucht. Viele Dinge würden sonst schlicht nicht festgestellt. Wolfram Jochum, Vorstandsmitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Pathologie, sagt zur ZSZ, dass die tiefen Obduktionsraten neben der Qualitätssicherung der Spitäler auch die Qualität der Aus- und Weiterbildung der Mediziner gefährde. Ärzte müssten deshalb darin geschult werden, die Angehörige zum richtigen Zeitpunkt für Leichenöffnung gewonnen werden.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Auf dem richtigen Weg

Der Markt für Krankenhaus-Informationssysteme (KIS) befindet sich in einer Phase tiefgreifender Transformation. Die aktuellen Trends und Herausforderungen der Branche sowie die Erwartungen der Kliniken beleuchtet Dirk Müller, Director Product Management CIS4U bei Dedalus HealthCare.

image

Lehre mit Herz und KI: Der SGAIM Teaching Award 2025 geht nach St. Gallen

Simone Krähenmann zeigt, wie moderne Medizinlehre digitale Tools nutzen kann – doch zentral bleiben nahbare Ausbildner mit Begeisterung. Dafür wird sie mit dem SGAIM Teaching Award 2025 geehrt.

image

Stadtspital Zürich verschlankt Leitung und bündelt Departemente

Das Stadtspital Zürich strukturiert um und reduziert seine Leitung ab 2026 von 13 auf 12 Mitglieder. Zwei bisher eigenständige, kleinere medizinische Departemente werden aufgelöst.

image

Pneumologie-Chefarzt wechselt von Luzern ans Stadtspital Zürich

Der Lungenspezialist Urs Bürgi wird im April neuer Chefarzt der Pneumologie in Zürich. Er löst dort Irène Laube ab.

image

Gelder für Pflege-Studierende landen bei Betrieben

Ausbildungsbetriebe nutzen die kantonalen Beiträge für Pflege-Studierende teils zur Senkung der Lohnkosten. Bildungs- und Gesundheitsdirektionen sehen sich nun gezwungen, die Regeln klarzustellen.

image

KI Power mit Medinside: Einladung zum Online-Kurs

Entdecken Sie neue Chancen – mit unserer Schulung zur Künstlichen Intelligenz im Gesundheitswesen. In 2 x 90 Minuten zeigen wir Ihnen, wie Sie KI sicher und effektiv einsetzen.

Vom gleichen Autor

image

Covid-19 ist auch für das DRG-System eine Herausforderung

Die Fallpauschalen wurden für die Vergütung von Covid-19-Behandlungen adaptiert. Dieses Fazit zieht der Direktor eines Unispitals.

image

Ein Vogel verzögert Unispital-Neubau

Ein vom Aussterben bedrohter Wanderfalke nistet im künftigen Zürcher Kispi. Auch sonst sieht sich das Spital als Bauherrin mit speziellen Herausforderungen konfrontiert.

image

Preisdeckel für lukrative Spitalbehandlungen?

Das DRG-Modell setzt Fehlanreize, die zu Mengenausweitungen führen. Der Bund will deshalb eine gedeckelte Grundpauschale - für den Direktor des Unispitals Basel ist das der völlig falsche Weg.