Unispital mit Telefon-Anrufen bombardiert

Am Genfer Unispital (HUG) laufen die Drähte heiss. Auch die Facebook-Seite musste vorübergehend deaktiviert werden. Das hat einen speziellen Grund.

, 7. März 2019 um 09:32
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Die Anrufzentrale der Hôpitaux Universitaires de Genève (HUG) werden derzeit mit Anrufen nur so überschwemmt. Grund sind Algerier, die sich nach ihrem Präsidenten erkundigen. Abdelaziz Bouteflika soll seit dem 24. Februar in der Privatabteilung des Unispitals liegen. Heimliche Filmaufnahmen sollen dies bestätigen.
Das Unispital, das im Schnitt etwa 3'000 Anrufe pro Tag entgegennimmt, hat am Dienstag mehr als 1'500 Anrufe im Zusammenhang mit Bouteflika erhalten. Dies berichten Westschweizer Medien (etwa hier). Das HUG musste kurzzeitig Anrufbeantworter einsetzen. Und das Spital erhöhte sogar auch den Personalbestand beim Pikettdienst.

Nur wenige beleidigende Anrufe

Auslöser ist eine Kampagne, die via Social Media aus Algerien gestartet wurde. Ziel sei es, das Genfer Unispital «zu schikanieren». Die Initianten wollen das Management zwingen, über den Gesundheitszustand des Präsidenten zu kommunizieren. Dass Bouteflika ein fünftes Mal für das Amt kandidieren will, treibt zehntausende Algerier auf die Strasse. Nach einem Schlaganfall hat der 82-Jährige sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. 
«Die Mehrheit der Algerier, die sich mit uns in Verbindung setzen, möchte die Anwesenheit von Präsident Bouteflika bestätigen lassen und mehr über seinen Gesundheitszustand wissen», bestätigt ein Sprecher des Unispitals. «Anrufe mit beleidigendem Inhalt waren nur wenige dabei». Auf Grund der ärztlichen Schweigepflicht gebe das Spital aber keine Auskunft. «Die Gesprächspartner verstehen dies meistens». 

Adresse eines Chefarztes veröffentlicht

In sozialen Netzwerken zirkulieren zudem E-Mail-Adressen und die direkte Telefonnummer bestimmter Mitarbeiter. Dies gilt insbesondere für Professor Karl Schaller, Chefarzt der Neurologie am Genfer Unispital. Denn Bouteflika soll an einem neurologischen Problem leiden. Laut dem algerischen Präsidialamt handelt es sich aber um einen «regulären medizinischen Kontrollbesuch».
Wie das HUG weiter bestätigt, musste das Spital darüber hinaus die Facebook-Seite vorübergehend aussetzen, um die vielen Kommentare zu moderieren oder zu löschen.
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