Man konnte sich schon damals fragen, ob Strategie das richtige Wort ist. Im März veröffentlichte die Zürcher Stadtregierung einen Plan, dessen Kernpunkt die Fusion der beiden Stadtspitäler Triemli und Waid war. Daneben gab es noch einige Positionsbezüge, aber die eigentliche Verortung der Zürcher Spitäler im gesamten Gesundheitsnetz stand nicht im Zentrum des Papiers.
Seither sind die Defizite der Stadtspitäler weiter gestiegen, so dass die Zusammenlegungen keineswegs weniger sinnvoll erscheinen. Dennoch trat jetzt das Stadtparlament heftig in die Bremsen beim Projekt der zuständigen Gesundheits-Vorsteherin Claudia Nielsen (SP).
«Keine Strategie, nur ein Bericht»
Konkret: Die zuständige Kommission des Gemeinderates empfahl gestern die Rückweisung des Pakets – und zwar tat sie dies einstimmig. Das heisst: Selbst die Mitglieder von Claudia Nielsens Sozialdemokratischer Partei versagten dem Projekt die Gefolgschaft.
«Das war keine Strategie, sondern nur ein Bericht», sagte Kommissionspräsident Rolf Müller (SVP) zum «Tages-Anzeiger». Das Parlamentsgremium verlangt nun eine Reihe von Antworten – zu den finanziellen Rahmenbedingungen für die Spitäler, zu Lösungen für das strukturelle Defizit, zur geplanten Rechtsform.
Der Stadtrat solle nun konkret die wichtigsten Punkte einer Strategie vorlegen, fordert die Kommission: Vision, Positionierung, Organisationsform, Zeitplan – und sie wünscht dabei auch gleich einen halbjährlichen Bericht über den Fortschritt der Arbeiten.
In einem Kommentar erinnert die «Neue Zürcher Zeitung» daran, dass die finanziellen Probleme der Stadtspitäler – die dieses Jahr zusammen gegen 40 Millionen Franken Defizit einfahren dürften – «nach einer frühzeitigen Reaktion geschrien hätten». Jetzt aber hätten die Stadtspitäler schlicht keine Zeit mehr. «Denn im kompetitiver gewordenen Gesundheitswesen agieren die anderen Krankenhäuser viel schneller. Wenn Triemli und Waid nicht abgehängt werden sollen, muss sich die Stadt bewegen. Es ist deshalb nur richtig, dass das Parlament der Gesundheitsvorsteherin endlich Beine macht.»
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Neue Spitalstrategie der Stadt Zürich: Die Eckpunkte
Im Frühjahr gab der Zürcher Stadtrat eine «neue Spitalstrategie» bekannt. Im Kern waren dabei neun Eckpunkte. Dies das Paket – das nun überarbeitet und konkretisiert werden muss.
1. Die Stadt bleibt Spital-Besitzerin: Als Eignerin der Stadtspitäler Waid und Triemli will sie weiter Einfluss nehmen auf Entwicklung, Angebot und Einbettung der Stadtspitäler.
2. Angebot für alle: Die beiden Stadtspitäler betreiben keine Risikoselektion – sie stellen auch wirtschaftlich (vorübergehend) nicht rentable Behandlun- gen sicher.
3. Teil der Versorgungskette: Die Stadt vernetzt ambulante und stationäre Gesundheitsdienstleistungen über die ganze Versorgungskette.
4. Ein Spital an zwei Standorten: Die Stadtspitäler Waid und Triemli werden zu einem Spital an zwei Standorten unter einer Leitung und einer Rechnung zusammengeführt.
5. Breite Palette an Kooperationen: Das Stadtspital strebt zur Komplettierung seines Angebots strategische Partnerschaften und Kooperationen mit anderen Spitälern und Leistungserbringern an.
6. Ausgeglichene Rechnung: Das Stadtspital erfüllt seinen Auftrag unter vergleichbaren finanziellen Voraussetzungen wie andere Spitäler und wird dafür entsprechend ausgestattet. Langfristig soll das Stadtspital kostendeckend arbeiten und Investitionen aus eigener Kraft tragen.
7. Gemeinwirtschaftliche Leistungen: Die Stadtspitäler erbringen über den kantonalen Leistungsauftrag hinaus gemeinwirtschaftliche Leistungen im Dienste der Stadtbevölkerung.
8. Spezielle Qualitätsvorgaben: Die Stadtspitäler erfüllen zusätzliche Vorgaben der Gemeinde, etwa Vorgaben der 2000-Watt-Gesellschaft oder Berücksichtigung des städtischen Personalrechts.
9. Auftragsorientierte Rechtsform: Die Rechtsform des zukünftigen Stadtspitals an zwei Standorten entspreche dessen Auftrag.