Hunderte Millionen gehen verloren – weil das BAG den Pharmafirmen un-angepasste Preise durchgehen lässt: Etwa so schätzt Preisüberwacher Stefan Meierhans die Lage bei den Medikamentenpreisen ein.
Erst mussten die Preisvergleiche ausgesetzt werden, weil das Vorgehen nach einem Rekurs diverser Pharmahersteller bis vor Bundesgericht geprüft werden sollte. Und jetzt, wo das Urteil da ist und die Lage eigentlich geklärt wäre, dauert es ein weiteres Jahr bis zur nächsten Überprüfung eines Teils der Medikamente.
«Bis zur Überprüfung profitieren die Firmen von Preisen, denen ein Euro-Franken-Kurs von über 1,20 Franken zugrunde liegt», rechnete Meierhans in einem
Interview mit der «Sonntagszeitung» (Paywall) vor: «So gehen Hunderte Millionen verloren.»
«Offenbar will das BAG nicht»
Das Problem laut dem Preisüberwacher: «Das BAG hätte in seiner Schublade einen Plan B bereithalten müssen. Stattdessen hat es zu wenige Kapazitäten.»
Dabei wäre die Rechnung simpel: Hunderte Millionen liessen sich durch Preisvergleiche einsparen – und die notwendigen Kapazitäten beim BAG würden nur Dutzende Millionen kosten. «Es lohnte sich, doch offenbar will das BAG nicht.»
Er stelle fest, dass sich die Behörden von der Pharma führen lassen, statt die Zügel in der Hand zu behalten. Ein Beispiel: Eigentlich gab es einen Deal von BAG und Pharmabranche. Die Industrie versprach, keine Einsprachen gegen die Listenpreise einzubringen, dafür gab es verkürzte Zulassungsverfahren. Aber einige Pharmafirmen klagten dennoch gegen die internationalen Preisvergleiche – mit Erfolg.
Mehr Rechte für Krankenkassen
Meierhans' Grundidee lautet nun: «Es braucht ein Gleichgewicht des Schreckens». Das heisst: Wie im Baurecht sollte es auch bei der Medikamentenpreis-Festsetzung ein Einspracherecht für alle Interessengruppen. Wenn also beispielsweise auch Kassen oder Konsumenten-Organisationen rekurrieren dürften, entstünde Druck von beiden Seiten. «So würden Deals möglich, die die Preise senken.»
Zudem möchte der Preisüberwacher selber in der Bundesverwaltung mehr Druck machen können – dank verpflichtenden Fristen. Die zuständigen Ämter müssten dann innert einer bestimmten Frist auf Meierhans' Empfehlungen reagieren. Eine Folge: «Das BAG könnte nicht mehr auf Kosten der Prämienzahler zehn Jahre lang zuwarten, bis es gegen überteuerte Generika vorgeht.»