Spitalärzte: Fast die Hälfte will aussteigen

Eine Grossumfrage zur Stimmung unter angestellten Ärzten in Deutschland vermittelt ein eher trübes Bild.

, 12. November 2015 um 07:01
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Es herrscht Frust, der Job nagt an der Gesundheit, und eigentlich will die Hälfte den Bettel hinschmeissen: Dies in etwa das Bild, welches eine grosse Umfrage zur Stimmung unter den Spitalärzten in Deutschland zeichnet. Nichts da von Traumberuf.
Im Auftrag des Marburger Bundes – also der Interessenvertretung der angestellten Ärzte in Deutschland –, wurden letzten Monat 4'000 Spitalärzte befragt. Im so genannten MB-Monitor 

  • gaben dabei 59 Prozent der Ärzte an, dass sie sich durch ihre Tätigkeit häufig psychisch belastet fühlen;
  • befanden 69 Prozent, dass ihnen zur Behandlung ihrer Patienten genügend Zeit zur Verfügung steht.
  • 72 Prozent sehen sich durch ihre Arbeitsbedingungen gesundheitlich beeinträchtigt;
  • 39 Prozent der Teilnehmer meinten, dass sie sich durch ökonomische Erwartungen ihres Arbeitgebers häufig oder fast immer unter Druck gesetzt sehen;
  • 28 Prozent melden, dass ihnen Überstunden weder durch Geld vergütet noch durch einen Freizeit-Ausgleich abgefangen werden;
  • 79 Prozent der Frauen und 76 Prozent der Männer sehen durch ihre Arbeitsbedingungen das Familienleben stark beeinträchtigt.
  • Und vor allem: 49 Prozent der teilnehmenden Frauen und 44 Prozent der Männer erwägen, ihre jetzige Tätigkeit aufzugeben. 

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Wie die «Ärztezeitung» berichtet, wurden die Ergebnisse an der Hauptversammlung des Marburger Bundes in Berlin präsentiert – inklusive jener Passagen, in denen etwa 200 Mediziner in einem Freitextfeld erklärten, weshalb sie über einen Jobwechsel nachdenken.
Häufig erwähnt wurden dabei Probleme wie Zeitdruck, Personalmangel, Mobbing, fehlende Anerkennung und Wertschätzung. Ein Teilnehmer schrieb: «Diese Leistungsdichte werden nur wenige bis zur Rente ohne gesundheitliche und soziale Schäden überstehen» – worauf, so die Berichterstatterin der «Ärztezeitung», spontaner Applaus der Delegierten aufbrandete. 
Bild: Aus der Kampagne #yotambienmedormi, @juancar70795011
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