Das oberste Gremium des öffentlichen Spitals Thun hat im Oktober den Chirurgen Georg R. Linke
zum Leiter der chirurgischen Klinik ernannt. Linke, heute Oberarzt an der Universitätsklinik Heidelberg, soll seine neue Stelle im Januar antreten.
1. Fehlende Ausschreibung: Das Spital habe einen deutschen Chefarzt angestellt, ohne die Stelle ausgeschrieben zu haben. Interessenten aus der Schweiz hätten so keine Chance gehabt, sich zu bewerben.
Für Hans-Ueli Würsten, Präsident beim Verein der Leitenden Spitalärzte der Schweiz (
VLSS) ist dieses Vorgehen «inakzeptabel». Es gehe nicht darum, Schweizer Ärzte zu bevorzugen, aber um Chancengleichheit, sagte er der
BZ.
Das Beispiel Thun sei nur die Spitze des Eisberges. Auch anderswo würden Ärzte direkt in Deutschland rekrutiert, ohne dass vorher in der Schweiz gesucht wurde, so Würsten.
2. Fehlendes Diplom: Dem designierten deutschen Klinikleiter fehlt ein für Chefärzte wichtiges Diplom, der Schwerpunkttitel in Viszeralchirurgie.
Die Prüfung, die der Chirurg in der Schweiz ablegen muss, sei alles andere als Formsache, sagen Insider, die Anforderungen deutlich höher als in Deutschland.
Kritiker munkeln nun, die Anstellung des Heidelberger Arztes könnte mit einem ähnlichen Flop enden wie bei der Anstellung von Jean-Paul Schmid als Leiter der Abteilung Innere Medizin in Thun. Dieser konnte die Stelle nicht antreten,
weil der erforderliche Facharzttitel FMH fehlte.Nur deutsche Assistenten?
Schweizer Ärzte befürchten laut dem Zeitungsbericht schliesslich, dass der neue Chef die guten Posten in seinem Team mit Vertrauten aus seiner Heimat besetzt.
«Die Angst der Schweizer Ärzte ist berechtigt»,
sagt Hans-Ueli Würsten. Jedes Mal, wenn ein deutscher Arzt in einem Schweizer Spital einen Kaderposten bekomme, gehe ein Raunen durch die Ärzteschaft.
Würsten kenne tatsächlich deutsche Kaderärzte an Schweizer Spitälern, die offen dazu stehen, dass sie ausschliesslich Assistenzärzte aus Deutschland engagieren.