Damit hiess das oberste Schweizer Gericht zwei Rekurse gut, die von Swissmedic und vom Apothekenverband Pharmasuisse eingereicht worden waren.
Die
Versandapotheke Zur Rose AG verstosse beim Handel mit rezeptfreien Medikamenten der Kategorien C und D, für die keine ärztliche Verschreibung vorliegt, gegen das Heilmittelrecht des Bundes.
Die Thurgauer sahen es noch anders
Die Bewilligung des Kantons Thurgau sah bislang vor, dass die Kunden beim Bestellvorgang einige Gesundheitsfragen beantworten; dieses Online-Formular wurde dann von Ärzten oder Apothekern geprüft, etwa auf Unverträglichkeiten und Nebenwirkungen. Erst danach versandte Apotheke Zur Rose die gewünschten Heilmittel.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau hatte letztes Jahr die Zulässigkeit dieses Modell noch bestätigt. In seiner öffentlichen Sitzung vom Dienstag trat das Bundesgericht in Lausanne nun aber auf die Bremse – es untersagt die bisherige Praxis.
«…klarer Wortlaut der Bestimmungen»
«Mit dem Vorgehen der Zur Rose AG ist die Einhaltung der heilmittelrechtlichen Bestimmungen des Bundes bezüglich Verschreibung und Abgabe von Medikamenten in der Regel nicht gewährleistet», erklären die Richter dazu. «Das Heilmittelgesetz verlangt beim Versand von rezeptfreien Medikamenten eine vorgängige ärztliche Verschreibung. Dies ergibt sich bereits aus dem klaren Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen.»
Eine Verschreibung durch den Arzt setze aber voraus, dass dieser den Patienten und seinen Gesundheitszustand kennt: «Nur wenn sich der Arzt und der Patient kennen und miteinander in Kontakt sind, besteht eine Möglichkeit zur notwendigen Interaktion für die Verschreibung. Ein Gesundheitsfragebogen und die blosse Möglichkeit zur Kontaktaufnahme reichen nicht aus.»
«Tief enttäuscht»
Nur einer der Richter vertrat erfolglos eine andere Meinung.
Laut der Berichterstatterin der «Neuen Zürcher Zeitung» bezeichnete er es als nicht gerechtfertigt, an Versandapotheken höhere Anforderungen zu stellen als an Passantenapotheken, welche Produkte wie Kamillosan-Spray, Dul-X und Voltaren-Salbe ohne weitere Diagnose abgeben können.
«Tief enttäuscht» äusserte sich «Zur Rose»-CEO Walter Oberhänsli gegenüber der NZZ. Die Firma sei aber in ihrer Existenz nicht gefährdet. Der Versand nichtrezeptpflichtiger Medikamente mache nur 0,3 Prozent des Umsatzes der Gruppe aus.
Der Lobby-Verdacht
In den Online-Foren dominierten am Abend die kritischen Kommentare. Sowohl auf
«Blick Online» wie auf dem
Tamedia-«Newsnet» liefen fast nur verärgerte Stellungnahmen ein. Hier witterten die am positivsten beurteilten Äusserungen (mit jeweils über 100 Empfehlungen) primär eine erfolgreiche Blockade-Arbeit der Apotheker auf Kosten der Kunden:
«Mal wieder ein Beweis dafür, dass die Apotheker ein funktionierendes Lobbying haben, das ihnen eine Art finanziellen Heimatschutz gewährt», schrieb etwa einer der Kommentatoren: «Einerseits dürfen sie immer mehr machen (etwa Impfungen), andererseits gelingt es ihnen immer wieder, jede Konkurrenz (Medikamentenabgabe durch Ärzte oder Versandapotheken) zurückzubinden, zum Teil mit haarsträubenden Begründungen.»
Und ein anderer meinte ironisch: «Natürlich gibt es einen Grund den Versand-Verkauf zu verbieten, damit die überteuerten Preise der Apotheken geschützt werden können.»