Pflegeinitiative: Jetzt beginnt das Hickhack

Kaum ist die Initiative «Für eine starke Pflege» eingereicht, bringen sich die Gegner in Stellung. Branchenverbände wie H+, Spitex Schweiz und Curaviva halten sie für ungeeignet, um Gesundheitsberufe attraktiver zu machen.

, 7. November 2017 um 15:53
image
  • pflege
  • pflegeinitiative
  • spitex
Am 7.11.17 hat der Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK) auf dem Bundesplatz die eidgenössische Volksinitiative «Für eine starke Pflege» eingereicht.  
Über 114'000 beglaubigte Unterschriften kamen zusammen, 32 Organisationen sind dem Unterstützungskomitee bis dahin beigetreten. Die Organisatorinnen um SBK-Präsidentin Helena Zaugg werten dies als Zeichen der «breiten Abstützung» ihres Begehrens. 
Die Initiative fordert unter anderem gut ausgebildetes Pflegepersonal in genügender Zahl, eine Erhöhung des Ausbildungslohns für Pflegestudierende, mehr Autonomie für Pflegefachpersonen und Massnahmen, damit Beruf und Privatleben mit dem Schichtbetrieb besser vereinbart werden können. 

«Ungeeignet, um Pflege wirklich zu stärken»

Kaum eingereicht, wird Widerstand gegen die Initiative laut. Der Spitalverband H+, der Spitex Verband Schweiz und der Heimverband Curaviva lehnen die Initiative ab, und auch die Association Spitex Spitex privée Suisse (ASPS) hat sich noch in die Gegnerschaft eingereiht. 
«Ein Verfassungsartikel in dieser Form ist ungeeignet, um die Pflege wirklich zu stärken», heisst es in einer gemeinsamen Mitteilung. Man wünsche sich vielmehr, dass die Pflege auf Gesetzesebene mit gezielten Massnahmen gefördert und aufgewertet werde.

Ein Anliegen wird unterstützt

Die Organisationen stellen klar, dass sie explizit eines der Anliegen der Pflegeinitiative unterstützen: Dass diplomierte Pflegefachpersonen definierte Pflegeleistungen in eigener Verantwortung ausüben und abrechnen dürfen. 
Um dieses Anliegen «rasch und zielführend» umzusetzen, sei die Verankerung einer einzelnen Berufsgruppe in der Verfassung jedoch der falsche Weg. Die Verbände machen sich für eine Regelung auf Gesetzesebene stark und wollen einen indirekten Gegenvorschlag erarbeiten. 

Die Argumente gegen die Pflegeinitiative

  • Falsche Weichenstellung: Das berechtigte Anliegen, die Eigenverantwortung der Pflege zu stärken, könne über eine Gesetzesänderung schneller erreicht werden als über eine Verfassungsänderung.
  • Zu vage formuliert: Die Initiative lasse weitgehend offen, wie der Verfassungsartikel umzusetzen sei. Die Klärung der Detailfragen brauche zu viel Zeit. 
  • Beschneidung der kantonalen Befugnisse: Die Pflegeinitiative könnte dazu führen, dass der Einfluss des Bundes steige. 
  • Ungleichheit: Die Initiative setze sich nicht im gleichen Mass für alle Gesundheitsberufe ein; sie fokussiere einseitig auf die klassische Diplompflege.
  • Berufliche Entwicklung gewährleistet: Die Initiative stelle Forderungen, die bereits erfüllt seien. 
  • Unklare finanzielle Konsequenzen: Angesichts steigender Kosten im Gesundheitswesen sei es nicht zu verantworten, ohne Kenntnisse der finanziellen Folgen zuzustimmen. 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

«Ich verstehe die Ungeduld der 200'000 Pflegefachleute im Land»

Heute gehen Pflegekräfte in Bern auf die Strasse: Sie fordern die konsequente Umsetzung der Pflegeinitiative. Auch GLP-Nationalrat und Pflegefachmann Patrick Hässig ist dabei.

image

Sektionen des Pflegefach-Berufsverbands lösen sich auf

Mit etwas Wehmut nehmen die bisherigen regionalen Sektionen des Berufsverbands Abschied. Ab nächstem Jahr gibt es nur noch eine gesamtschweizerische Organisation.

image

Ein Blutstropfen Hoffnung bei Alzheimer

Neue Bluttests könnten die Alzheimer-Diagnostik revolutionieren – früher, einfacher, präziser. Sie eröffnen Chancen, das Gesundheitssystem zu entlasten und geben Patient:innen und Ärzt:innen neue Hoffnung.

image

BFS: Zahl privater Spitex-Anbieter erreicht Rekordwert

Die Zahl privater Spitex-Anbieter erreichte 2024 einen neuen Höchststand: 844 gewinnorientierte Unternehmen leisten immer mehr Pflegestunden, während gemeinnützige Organisationen Marktanteile verlieren.

image

Pflegeinitiative: Politik bremst bei der Umsetzung – erst Kosten, dann Gesetz

Die Beratungen über das neue Pflegegesetz gehen in eine neue Runde: Die zuständige Nationalrats-Kommission will genauer wissen, was das kostet. — «Unfassbar!», kommentiert dies der Personalverband SBK.

image

Krankenkassen fordern Vorgaben für psychiatrische Angehörigenpflege

Mit Qualitätsverträgen wollen die Krankenversicherungen die Grenze zwischen psychiatrischer Grundpflege und Alltags-Betreuung bestimmen.

Vom gleichen Autor

image

Pflege: Zu wenig Zeit für Patienten, zu viele Überstunden

Eine Umfrage des Pflegeberufsverbands SBK legt Schwachpunkte im Pflegealltag offen, die auch Risiken für die Patientensicherheit bergen.

image

Spital Frutigen: Personeller Aderlass in der Gynäkologie

Gleich zwei leitende Gynäkologen verlassen nach kurzer Zeit das Spital.

image

Spitalfinanzierung erhält gute Noten

Der Bundesrat zieht eine positive Bilanz der neuen Spitalfinanzierung. «Ein paar Schwachstellen» hat er dennoch ausgemacht.