Organspende: Umfrage deutet auf Informationsdefizit hin

Viele mögliche Organspender verunsichert die Schilderung des Hirntod-Szenarios. Dies geht jetzt aus einer repräsentativen Umfrage hervor.

, 3. Dezember 2019 um 08:55
image
  • organspende
  • politik
  • spital
  • ärzte
Der Hirntod als solcher ist ein unter Ärzten umstrittenes Konzept. Konfrontiert man potentielle Organspender mit dieser Aussage, schiesst die Unsicherheit in die Höhe. Dies zeigt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gfs, durchgeführt im November mit Stimmberechtigten aus allen drei Landesteilen.
Nach der Schilderung des umstrittenen Hirntod-Szenarios konnten 18 Prozent keine Antwort geben, ob sie das Konzept für richtig oder falsch hielten. Oder sie konnten sich nicht auf die eine oder andere Seite entscheiden. Vor der Schilderung lag der Anteil dieser Gruppe nur bei 2 Prozent.

Differenzierung im Organspendeausweis gefordert

Daraus schliesst die Lebensrechtsorganisation Human Life International, welche die Umfrage in Auftrag gegeben hat, dass die Befragten durch dieses Argument stark beeindruckt werden. Und bezüglich Hirntodes bestehe in der Bevölkerung ein grosses Informationsdefizit.
Hier nimmt die religiös geprägte Organisation den Bund in die Pflicht: Dieser sei gemäss Gesetz verpflichtet, die Organspender über die Konsequenzen ihrer Willensäusserung zu informieren. Mit der «lapidaren» Slogan-Aufforderung «Entscheide dich, egal ob ja oder nein», ohne zugleich eine Entscheidungsgrundlage zu liefern, missachte die millionenteure Organspende-Kampagne des Bundes den gesetzlichen Auftrag.
Und weiter: Swisstransplant stelle die beiden häufigsten Organentnahmearten im Organ-Spendeausweis «extrem vereinfacht» dar und setze diese auf unzulässige Weise gleich. 80 Prozent der Organentnahmen erfolgten im Jahr 2018 nach einer unwiderruflichen Schädigung des Gehirns. 20 Prozent der Organentnahmen am Lebensende werden demgegenüber nach anhaltendem Herz-Kreislauf-Stillstand durchgeführt.

Ärzte wollen Organentnahme bei Hirntoten verbieten

In der Schweiz wird aktuell die Diskussion geführt, ob die Zustimmungsregelung durch die Widerspruchsregelung ersetzt werden soll. Eine Vereinigung von Ärzten und Pflegefachleuten will die Organentnahme bei Hirntoten verbieten (mehr dazu hier). 
Ihre Begründung: Zum Zeitpunkt des Funktionsausfalls des Hirns, wenn also die Organe entnommen werden, sind nur 3 Prozent des Körpers, nämlich das Gehirn, tot, die restlichen 97 Prozent leben noch. Aus ihrer Sicht sind es also Sterbende und nicht Tote, denen die Organe entnommen werden.


  • Hier geht es zu den Studienresultaten.

Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Warum das Zulassungsrecht den Ärztemangel verschärft

Ausländische Fachpersonen sind für die Funktionsfähigkeit des Schweizer Gesundheitswesens unerlässlich. Das neue Zulassungsrecht droht die Versorgung zu gefährden, indem es den Zugang ausländischer Fachkräfte erschwert. Wie kann diese nachteilhafte Entwicklung korrigiert werden?

image

Todesfall vor geschlossener Notaufnahme: Ermittlungen eingestellt

Im Jahr 2020 verstarb eine Person vor der Notaufnahme des Freiburger Spitals in Tafers, die zu war. Doch selbst bei geöffneter Station hätte das medizinische Team die Patientin nicht retten können.

image

Das ist der neue Chefarzt der Berner Herzchirurgie

Alexander Kadner, langjähriger Kaderarzt der Insel Gruppe, wird neuer Chefarzt an der Berner Universitätsklinik für Herzchirurgie.

image

Solothurner Spitäler müssen neuen CEO suchen

Die Solothurner Spitäler stehen vor der Aufgabe, einen neuen CEO zu finden. Martin Häusermann beabsichtigt, im nächsten Jahr von seinem Amt zurückzutreten.

image

Wenig Bedarf nach Ärztebeschränkung im Kanton Glarus

Im Kanton Glarus gibt es nicht zu viele Mediziner. Im Gegenteil: Man hofft wie überall auf die Ankunft neuer Hausärzte.

image

Swiss Medical Network: Eigentümer im Visier der Börsenaufsicht

Die Schweizer Börse hat eine Untersuchung gegen die Beteiligungsgesellschaft Aevis Victoria eröffnet, zu der auch die Privatklinik-Gruppe Swiss Medical Network gehört. Es geht um börsenkursrelevante Tatsachen.

Vom gleichen Autor

image

Warum Medizinstudierende im Studium ihre Empathie verlieren

Im Laufe eines Studiums nimmt offenbar das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten ab. Dies zeigt eine neue Studie.

image

Berner Arzt hat Aufklärungspflicht doch nicht verletzt

Im Fall einer Nasen-OP mit Komplikationen verneint das Bundesgericht eine Pflichtverletzung eines Berner HNO-Arztes. Die Vorinstanzen haben noch anders entschieden.

image

Warum hunderte Pflegekräfte derzeit «Rücktrittsschreiben» verfassen

Eigentlich möchten viele Pflegefachpersonen ihrem Beruf gar nicht den Rücken kehren. Doch das System zwingt sie dazu, wie eine aktuelle Kampagne in den USA exemplarisch zeigt.