Neues Gesetz pflügt Spitalwesen um

Der Kanton Zürich legt ein Gesetz vor, mit welcher er direkt in den Spitalmarkt eingreifen kann. Unter anderem sollen hohe Gewinnauszahlungen und Ärzteboni verboten werden.

, 22. März 2019 um 08:05
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Der «Verschleuderung von Prämien- und Steuergeldern» müsse entgegenwirkt werden. Das sagte am Donnerstag der Zürcher Gesundheitsdirektor un GDK-Präsident Thomas Heiniger (FDP). Deshalb gelte es, die Überversorgung zu bekämpfen. Denn Spitäler, die nicht ausgelastet seien, würden häufig unnötige Behandlungen durchzuführen.
Am Donnerstag hat die Regierung deshalb das überarbeitete Spitalplanungs- und Finanzierungsgesetz in die Vernehmlassung geschickt. Die Neuerungen haben es in sich: Der Kanton soll künftig stärker regulierend eingreifen können, um Fehlentwicklungen begeben. Der Wettbewerb solle im Gesundheitswesen nur dort spielen, wo er eine gute Wirkung entfaltet, sagt Heiniger der NZZ.
Die folgenden Neuerungen fallen am meisten ins Gewicht:
  • Es wird für Eingriffe eine Fallzahl festgeschrieben - die Spitäler sollen sich dabei innerhalb einer individuellen Bandbreite bewegen. Operiert ein Spital mehr als definiert, erhält es für die über der Limite liegenden Eingriffe weniger Geld.
  • Die heute vielerorts leistungsabhängigen Löhne für die Ärzteschaft sollen verboten werden. Diese setzten Fehlanreize, ist der Kanton Zürich überzeugt.
  • Ein Punkt dürfte die Privatspitäler speziell treffen. Wer kantonale Leistungsaufträge will, muss seine Gewinnausschüttung an die Eigentümer limitieren. Künftig sollen Gewinne verstärkt reinvestiert werden. Man wolle verhindern, dass rein gewinngetriebene Einrichtungen das Gesundheitswesen aushöhlten, sagt Heiniger zur NZZ. Diese mutmasst, dass dieser Passus besonders auf die im Kanton Zürich sehr aktive Hirslanden-Gruppe zielt, die einem südafrikanischen Konzern gehört.
  • Bietet ein Spital aus Sicht des Kantons zu viele Leistungen an,  könnte die Regierung gemäss dem Gesetzesentwurf künftig eine Genehmigungspflicht für Investitionen einführen. Die betroffenen Spitäler müssten Investitionen dann jeweils erst von der Regierung abnicken lassen.
  • Um die Verlagerung in den ambulanten Bereich zu beschleunigen, soll eine Möglichkeit geschaffen werden, diesen Bereich wo notwendig zu subventionieren. Dies, weil manche ambulante Angebote nicht kostendeckend abgegolten werden.
  • Spitäler, die sich nicht an Auflagen halten, sollen künftig stärker gebüsst werden können. Sind heute Bussen von 1000 bis 20 000 Franken möglich, sollen diese künftig bis zu einer Million Franken betragen.
Ist das KVG gescheitert?
Die Vorlage des Kantons Zürich ist aus zwei weitern Punkten aufsehenerregend. Zum einen wagt mit dem freisinnigen Thomas Heiniger einer der marktgläubigsten Gesundheitsdirektoren einen regulatorischen Markteingriff. Er reiht sich damit in jenen Chor ein, der die marktliberalen Reformen des KVG in ihrer aktuellen Form als nicht zielführend betrachten.  Zum anderen gilt Zürich als Vorreiter. Was in Zürich zur Anwendung kommt, wurde bisher auch in vielen anderen Kantonen zum Standard.
Klar ist: Der Gesetzesentwurf dürfte noch viel zu reden geben. Vorgesehen ist es, dass die Neuerungen 2022 in Kraft treten werden.


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