Mit Pflegefachleuten gegen den Hausärztemangel

Der Kanton Bern prüft mit Pilotprojekten den erweiterten Einsatz von Advanced Practice Nurses in der Grundversorgung.

, 28. Juli 2016 um 14:02
image
  • hausärzte
  • kanton bern
  • ärztemangel
  • praxis
Der Kanton Bern will gar nicht unbedingt mehr Hausärzte – sondern er will das Problem mit einer neuen Aufgabenverteilung angehen. Dies das Fazit einer Recherche von «Der Bund». Konkret sollen Pflegefachpersonen künftig einen Teil der Aufgaben von Ärzten übernehmen, so Kantonsarzt Jan von Overbeck in der Zeitung.
Zwar bemüht sich auch die Universität Bern, durch die Schaffung neuer Studienplätze etwas zu tun gegen den Hausarztmangel. Für von Overbeck ist dies aber noch keine vollständige Lösung: Denn die Gefahr sei gross, dass die zusätzlichen Studenten nicht zu Hausärzten würden, sondern zu Spezialärzten, womit sie eher zum Überfluss dort beitragen dürften. 

Projekt wird ausgeweitet

Und so bezweifelt der Kantonsapotheker, dass es gelingen wird, die pro Jahr benötigten 50 neuen Allgemeinmediziner zu gewinnen.
Deshalb nun die Idee, erweiterte Aufgaben bei Pflegefachpersonen anzusiedeln und – wie etwa in den angelsächsischen Ländern üblich – mit Advanced Practice Nurses einen Teil der medizinischen Grundversorgung abzudecken.
Im Kanton Bern läuft ein entsprechendes Pilotprojekt im Gesundheitszentrum Schüpfen. Nun will Kantonsarzt von Overbeck das Projekt ausweiten und direkt finanzieren, um damit einen «Prototypen» zu schaffen, der später im ganzen Kanton zum Einsatz kommen soll.
Ein springender Punkt: Die beiden Ideen konkurrenzieren sich durchaus. Von Oberbeck sieht die erweiterten Pflege-Einsätze als Alternative zur Ausbildung einer neuen, grösseren Ärztezahl – während diese Ausbildungs-Offensive für die Ärzteschaft selber die Lösung der ersten Wahl wäre. Monika Reber vom Berner Hausärzteverband erinnerte im «Bund» daran, dass ja beim Pflegepersonal ebenfalls ein erheblicher Mangel besteht.
Auf der Hand liegt, dass es hier auch um den Einfluss der verschiedenen Funktionen geht – beziehungsweise um Einflussverschiebungen zwischen den Berufen.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Fünf goldene Regeln, wie Ärzte den Patienten Zahlen verständlich machen

Laborwerte, Risiken, Therapieeffekte – viele Aufklärungsgespräche scheitern an medizinischen Zahlen. Doch wie erläutert man, was eine Behandlung bringt? Ein Vorschlag.

image

Raus aus der Chirurgie, rein in die Privatwirtschaft

«Aufwand und Ertrag stimmen in der Chirurgie nicht», sagt der ehemalige Chirurg Mathias Siegfried. Er zog die Reissleine und wechselte in die Privatwirtschaft.

image

Frühpensionierung? Nicht mit uns.

Nur sehr wenige Ärztinnen und Ärzte streben einen frühen Ruhestand an. Viele möchten bis in die späten Sechziger oder gar Siebziger tätig sein – mit Leidenschaft. Eine grosse deutsche Erhebung ein überraschendes Bild.

image
Gastbeitrag von Esther Wiesendanger

Da sind steigende Gesundheitskosten ja nur logisch

Getrennte Apotheken in Gruppenpraxen, Impfverbote in der Pflege, teure Zusatzkontrollen: Groteske Behörden- und Kassenentscheide lähmen die Versorgung. Sind wir Ärzte eigentlich Komiker?

image

Viszeralchirurgie: Nachwuchs gesichert, Erfahrung gefährdet

Bis 2040 dürfte die Zahl der Viszeralchirurgen in der Schweiz solide steigen. Doch sinkende Fallzahlen und neue Arbeitsmodelle erschweren die Versorgung.

image

«Wir müssen mehr junge Menschen für die Rheumatologie gewinnen»

Der Mangel an Rheumatologen spitzt sich zu. In dieser Situation übernimmt Diana Dan das Präsidium der Gesellschaft für Rheumatologie. Im Interview erklärt sie, wie sie den Nachwuchs stärken und die Patientenversorgung sichern will.

Vom gleichen Autor

image

Spital heilt, Oper glänzt – und beide kosten

Wir vergleichen das Kispi Zürich mit dem Opernhaus Zürich. Geht das? Durchaus. Denn beide haben dieselbe Aufgabe: zu funktionieren, wo Wirtschaftlichkeit an Grenzen stösst.

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.