Ist Mikroplastik im Blut eine Gefahr für die Gesundheit?

Die Basler Nationalrätin Sarah Wyss will wissen, welchen Einfluss Mikroplastik auf die menschliche Gesundheit hat. Hier die offizielle Antwort des Bundesrates.

, 19. August 2022 um 12:13
image
Forschende aus den Niederlanden haben Mikroplastik auch im menschlichen Blut nachweisen können, wie eine im «Journal of Science of the Total Environnment» publizierte Studie zeigt. Analysiert wurden fünf Polymere (PET, PE, PP, PS und PMMA), die in sehr grossen Mengen hergestellt und in vielen Konsum- oder Medizinprodukten verwendet werden. Menschen kommen täglich damit direkt in Kontakt. Die Forschenden befürchten, dass sich das Mikroplastik womöglich in den Organen festsetze und dies weitere Schäden mit sich bringen könnte.
image
Sarah Wyss | Parlament
Die Basler Nationalrätin Sarah Wyss will vom Bundesrat nun wissen, ob Mikroplastik weiterhin für die menschliche Gesundheit als «nicht bedenklich» eingestuft werden soll? In einer Interpellation verweist die SP-Politikerin auf mehrere Studien und erkundigt sich nach der (wissenschaftlichen) Einschätzung des Bundesrates.

«Mediziner zusehends besorgt»

Die Nationalrätin, die beruflich als Leiterin der ärztlichen Direktion der Universitären Psychiatrischen Dienste Bern (UPD) tätig ist, weist darauf hin, dass die Aufnahme von Mikro- und Nanoplastik über die Nahrung zu Änderungen im Verdauungstrakt führen kann. Diese werden mit Stoffwechsel-Erkrankungen, Diabetes, Fettleibigkeit und chronischen Lebererkrankungen in Verbindung gebracht. 
Medizinerinnen und Mediziner, wie Sarah Wyss in der Interpellation weiter schreibt, sind zudem «zusehends um die Auswirkungen von Mikro- und Nanoplastik auf die Entwicklung von Kindern besorgt».

Es braucht mehr Forschung

In seiner Antwort verweist der Bundesrat zunächst auf die stark gewachsenen wissenschaftlichen Publikationen in diesem Bereich. Die Ergebnisse der Studie aus den Niederlanden liessen darauf schliessen, dass die Exposition des Menschen gegenüber Kunststoffpartikeln zu einer Absorption der Partikel in den Blutkreislauf führe und dass ihre Elimination aus dem Blut über Galle, Nieren oder Transfer in andere Organe möglicherweise langsamer erfolge als ihre Aufnahme ins Blut.
Eine übergeordnete Einschätzung, ob und gegebenenfalls welche Mikrokunststoffe für die menschliche Gesundheit als bedenklich einzustufen seien, sei «auf der Basis des aktuellen Kenntnisstandes aber noch nicht möglich», hält der Bundesrat in seiner Stellungnahme schliesslich fest.

Schweizer Gesundheitsstudie in Vorbereitung

Der Bund verfolge aber die internationale Entwicklung der Forschung und damit auch die Wirkungen einer Exposition von Mikroplastik auf die menschliche Gesundheit, steht in der Antwort weiter zu lesen. Und es würden auch gezielt Forschungsprojekte in diesen Bereichen gefördert. Darüber hinaus sei eine Schweizer Gesundheitsstudie in Vorbereitung, in der auch Messungen von Chemikalien und auch Mikroplastik in Humanproben vorgesehen seien, sofern dies methodisch machbar sei. 
  • forschung
  • politik
  • universitäre psychiatrische dienste bern
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

«Professionelle Dolmetschdienste sind übertrieben»

Der Nationalrat will nichts wissen von einer einheitlichen Vergütungspflicht für Dolmetscherdienste im Gesundheitsbereich. Auch dank Digitalisierung und KI sei dies nicht nötig.

image

Pflegeheim: Welcher Wohnsitz gilt?

Der Nationalrat will, dass Bewohner eines Pflegeheims beim Heimeintritt wählen können, ob sie den Steuersitz verlegen oder den alten behalten können.

image

«Die Tarifpartnerschaft ist nicht ebenbürtig»

Der umstrittene Tarifeingriff in der Physiobranche ist noch nicht in Kraft. Lange will die Gesundheitsministerin aber nicht mehr warten.

image

Krebsmedikamente haben Gewinnmarge von 85 Prozent

Ein altes Anliegen ist erneut im Parlament: die horrenden Kosten für Krebsmedikamente.

image

Corona: Kein Ausfall-Geld für die Spitäler

Der Bund will sich nicht an den pandemiebedingten Ertragseinbussen der Spitäler beteiligen.

image

Ältere Ärztinnen und Ärzte werden vom EPD befreit - wenigstens vorläufig

Wird die Ärzteschaft dazu gezwungen, das EPD bereits in zwei Jahren aufzuschalten, könnten die älteren Semester vorzeitig abspringen.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.