Mon dieu! Eine Karikatur – und eine Stellungnahme gegen «FMH und Konsorten»

Die Stimmung zeigt sich bekanntlich stets in feinen Details. Und so signalisieren ein paar Federstriche, wie sehr es derzeit knarrt im Gebälk der Ärzteschaft.

, 10. August 2016 um 13:50
image
  • tarmed
  • ärzte
  • fmh
  • praxis
  • ophthalmologie
In der neusten Ausgabe der «Schweizerischen Ärztezeitung» findet sich ein Brief, der mit «Offizielle Stellungnahme der SOG» übertitelt ist. Objekt des Textes: eine Karikatur.
Die Ophthalmologische Gesellschaft, vertreten durch Präsident Gian Luca Pedroli und Geschäftsführer Florian Mitscherlich, drückt darin ihren Ärger aus über eine Darstellung, welche SÄZ-Karikaturistin Anna Hartmann in der Vornummer gezeichnet hatte. 
Das Bild zeigt – vermutlich – einen Arzt (oder einen Ophthalmologen?) im Angesicht Gottes, welcher mit einem dritten Auge dargestellt wird.

«Da hast Du’s ihnen aber gegeben»

«Mein Gott: 3 Katarakte à 3000.—. 9000.–/Stunde», geht dem Arzt (Ophthalmologen?) laut Sprech- beziehungsweise Denkblase durch den Kopf (hier sehen Sie die ganze Karikatur). 
«Da hast Du’s den bösen, raffgierigen Ophthalmochirurgen aber gegegeben!», spricht nun besagte SOG-Stellungnahme die Zeichnerin direkt an. 
Doch anders als in der Karikatur angedeutet, seien Umsatz und Gewinn schon mal nicht dasselbe. Und drei Katarakt-Operationen schafften auch nur die erfahrensten Operateure.
Kurz: Die Karikatur zeichne ein völlig falsches Bild.
Nun gehört es ja fast zum Wesen der Karikatur, falsche oder zumindest schiefe Bilder zu bieten. Aber für Pedroli und Mitscherlich war mit dem Drei-Satz die Grenze zur Lüge überschritten. 

Tarife als Minenfeld

Und damit kommen die erwähnten Spannungen ans Licht. Offenbar traf ANNA (so Hartmanns nom de plume) exakt auf einen heiklen Punkt – nämlich die Lage bei den Tarifverhandlungen, wo bekanntlich arge Gräben zwischen Spezialärzten und Grundversorgern, zwischen fmCH und FMH klaffen.
Man habe in letzter Zeit genügend schlechte Erfahrungen mit den neuen Tarifen «seitens FMH und Konsorten» gemacht, so die Stellungnahme weiter. Der FMH-Vorstand solle nach den letzten Nein-Abstimmungen besser nach Lösungen suchen. Die «bösartige Verunglimpfung zahlender FMH-Mitglieder in einer politisch heiklen Phase» sei doch etwas anderes als nur eine Karikatur – «und völlig inakzeptabel».

«Attacke, direkt auf unsere Ehrlichkeit»

Und so schliesst der Brief mit dem Satz: «Die Schweizerische Ophthalmologische Gesellschaft erwartet von der FMH eine Stellungnahme zu dieser Attacke, welche direkt auf unsere Ehrlichkeit gerichtet ist.»
Praktischerweise lässt die verlangte Stellungnahme nicht lange auf sich warten, FMH-Präsident Jürg Schlup antwortet in der gleichen SÄZ-Ausgabe. Wobei er mit dem Satz beginnt, dass er den Unmut, den die «boshafte Karikatur» bei den Kollegen ausgelöst habe, «durchaus verstehen» könne.
Aber eben: Die Karikaturen in der Ärztezeitung würden ohne Rücksprache mit der FMH veröffentlicht, und der Verband habe auch keinen Einfluss darauf. Nichts da von Attacke.

Am Schluss ist die Sache weit weg

Schlup verweist auf die Redaktion der SÄZ (die zwar FMH-Organ ist, aber im Besitz des EMH-Ärzteverlags); die Redaktion wiederum stellt (im nunmehr dritten Beitrag zum Thema) fest, dass man den Cartoon-Zeichnern keine Vorgaben mache. 
Was übrigens zuvor schon klargestellt wurde. Denn über der Karikatur-Seite prangt jeweils die Bemerkung: «Die letzte Seite der SÄZ wird unabhängig von der Redaktion gestaltet». 
Aber eben: Wenn es mit der Stimmung nicht stimmt, gilt bekanntlich auch ein entferntes Detail rasch als Provoktion. 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Ein Oensinger Gesundheitszentrum betreibt den ersten «Medicomat» in der Schweiz

Das Gerät im Vitasphère-Gesundheitszentrum funktioniert wie ein Getränkeautomat. Doch statt Flaschen gibt der Automat rund um die Uhr Medikamente heraus.

image

Offener Brief Nummer 2: Junge Ärzte verlieren die Geduld

Nach einem frustrierenden Treffen zum Stau beim SIWF kritisiert der VSAO die FMH-Spitze scharf. Der Verband fordert rasche Notmassnahmen – und findet, dass sonst der Bund eingreifen muss.

image

Pharmagelder 2024: Zuwendungen an Schweizer Ärzte steigen leicht

2024 erhielten Ärzte, Spitäler und Fachgesellschaften zusammen 262 Millionen Franken – 16 Millionen mehr als im Jahr davor.

image

Wallis: Erhöhung des Tarmed-Werts nach neun Jahren

Der Tarmed-Taxpunktwert für die Walliser Arztpraxen wird rückwirkend um drei Rappen erhöht.

image

SIWF: Präsidentin Monika Brodmann tritt zurück

Nach fast fünf Jahren an der Spitze legt Monika Brodmann Maeder ihr Amt nieder. Sie verweist auf strukturelle Hürden – grundlegende Änderungen seien derzeit nicht realisierbar.

image

Administration statt Autonomie: Der ärztliche Spielraum schrumpft

In den Spitälern wächst der Einfluss von Krankenkassen und Verwaltung – und damit die Frustration. Zwei Drittel der Ärzte berichten von klaren Sparvorgaben, so die neue FMH-Erhebung. Bis zu drei Stunden täglich gehen für Bürokratie drauf.

Vom gleichen Autor

image

Spital heilt, Oper glänzt – und beide kosten

Wir vergleichen das Kispi Zürich mit dem Opernhaus Zürich. Geht das? Durchaus. Denn beide haben dieselbe Aufgabe: zu funktionieren, wo Wirtschaftlichkeit an Grenzen stösst.

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.