So viele Millionen fliessen als Verwaltungskosten zu den Krankenkassen

Nicht nur die Reserven und die Chef-Löhne der Krankenversicherer sind in den letzten Jahren kräftig gestiegen. Auch die Verwaltungskosten sind viel höher als noch vor wenigen Jahren.

, 12. September 2019 um 03:14
image
  • gesundheitskosten
  • politik
  • versicherer
  • verwaltungskosten
Die SP bläst derzeit wieder zum Angriff auf die Löhne der Kassenchefs. Denn diese verdienen bis zu 800‘000 Franken pro Jahr. Alleine in den letzten fünf Jahren sind die Cheflöhne um über 20 Prozent gestiegen. Für die SP und auch für die CVP ist das zu hoch. Zum Vergleich: Ein Bundesrat verdient rund 450’000 Franken im Jahr.
Gestiegen sind aber auch die Reserven der Versicherer: Allein in den letzten zehn Jahren haben diese um fünf Milliarden Franken zugenommen. Die SP will deshalb ein Prämienmoratorium einführen. Krankenkassen dürften ihre Prämie per sofort nicht mehr erhöhen dürfen. SP-Chef Christian Levrat versteht nicht, warum die Krankenkassen so viel Geld horten, das den Prämienzahlern gehört.

Fast 1,5 Milliarden Franken verschlingt die Verwaltung

Doch nicht nur die Löhne der Chefs, die Reserven und die Prämien sind in den letzten Jahren gestiegen, sondern auch die Verwaltungskosten der Versicherer. Diese umfassen unter anderem: Personalaufwand, Sozialleistungen, Verwaltungsräumlichkeiten und Betriebseinrichtungen, EDV-Kosten oder Kosten für die Vermittlertätigkeiten und Werbung.
Seit 2012 haben diese Kosten um über 15 Prozent zugenommen, wie eine Auswertung von Medinside mit offiziellen Zahlen jetzt zeigt. Waren es damals noch 1,24 Milliarden Franken gewesen, schlugen die Verwaltungskosten für das Jahr 2017 bereits mit 1,435 Milliarden Franken zu Buche. 
image
Quelle: BAG Krankenversicherung – Statistiken
Dieser Anstieg ist interessant: Vor allem weil die Kassen den Leistungserbringern stets vorwerfen, unnötige Leistungen zu erbringen. Auch wird stets behauptet, dank neuer Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten könnten langfristig Kosten gespart und Effizienzgewinne realisiert werden. Und es stellt sich grundsätzlich die Frage, warum die Verwaltungskosten prozentual mit den Behandlungskosten steigen müssen?

«Less is more»

Auch das Bundesamt für Gesundheit (BAG), mit Alain Berset als Gesundheitsminister, wirft den Leistungserbringern vor, «ungerechtfertigtes Mengen- und Kostenwachstum» zu betreiben. Pascal Strupler, der Chef vom BAG als Aufsichtsbehörde der Krankenversicherer, spricht hier von «Less is more» als Motto: Man müsse alles daran setzen, medizinisch unnötige Interventionen zu vermeiden und so Kosten zu dämpfen. 
Wenn den Ärzten, Spitälern und weiteren Leistungserbringern vorgeworfen wird, Mengenausweitung zu betreiben, wäre es auch angezeigt, die Verwaltungskosten, die Löhne und die Reserven der Versicherer genau unter die Lupe zu nehmen. Denn die Krankenkassen müssen die Verwaltungskosten für die soziale Krankenversicherung laut Gesetz «auf das für eine wirtschaftliche Geschäftsführung erforderliche Mass beschränken.» Vielleicht wäre auch hier: «Less is more». Denn die offiziellen BAG-Daten belegen es: Hunderte von Prämienmillionen mehr flossen in den letzten Jahren als Verwaltungskosten zu den Versicherern.  
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Der Druck der Finma zeigt Wirkung

Rund 1700 Verträge zwischen Spitälern und Krankenzusatzversicherern müssen laut den neuen Transparenzvorschriften angepasst werden.

image

Inselkonflikt: So äussert sich der Gesundheitsdirektor

Das nächste grosse Projekt sei es, die Stimmung am Inselspital zu verbessern, sagt der Berner Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg.

image
Gastbeitrag von Tristan Struja und Alexander Kutz

Doch, Privatversicherte beanspruchen mehr Leistungen

Wir sollten nicht bestreiten, dass Zusatzversicherungen eher zu Überversorgung führen. Vielmehr sollten wir das Bewusstsein dafür schärfen.

image

Auch geschrumpfte Sympany verlor Geld

Trotz Stellenabbau: Die Basler Krankenkasse Sympany machte wieder Verlust. Letztes Jahr waren es 58 Millionen Franken.

image
Gastbeitrag von Heinz Locher

Liebe Spitäler: Die Lage darf nicht fatalistisch akzeptiert werden

Hier Krankenkassen, da Spitäler: Das heutige Verhältnis zwischen den Tarifvertrags-Parteien in einem Kernprozess des KVG ist unhaltbar. Und es gäbe auch Alternativen.

image

Die Gesundheitskosten stiegen nochmals, aber…

Inzwischen liegen die Schweizer Gesundheitsausgaben über 90 Milliarden Franken. Allerdings: Man kann vorsichtig optimistisch sein.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.